"LUTHER95" war am Reformationstag in der Paulskirche
08.11.2017
Michael Apitz monumentales Gemälde-Portrait des Reformators Martin Luther auf 95 Holztafeln kommt zum krönenden Abschluss nach Kloster Eberbach/Vernissage mit Aufbau am 9.11.
Rheingau. (sf) Es war eine ganz besondere Ehre und Auszeichnung für den Rheingauer Künstler Michael Apitz und sein diesjähriges Großprojekt "Luther 95": nach einer Tour des monumentalen Gemälde-Portraits des Reformators Martin Luther auf 95 Holztafeln durch viele Kirchen und Stätten in ganz Deutschland war das Kunstwerk am Reformationstag in der Paulskirche in Frankfurt aufgebaut und zu sehen sein. Die Installation des Kunstwerkes des Rheingauers war der Höhepunkt der Festlichkeiten zum Reformationstag in Frankfurt. Aufgebaut wurde das Werk direkt am 31. Oktober für den Festakt, für die Öffentlichkeit war es an Allerheiligen in der Paulskirche zu sehen sein.
Bereits am 25. Juni war "Luther95" unter großem medialen Interesse und mit vielen begeisterten Gästen in der Wiesbadener Marktkirche aufgebaut worden. Schon damals hatten die begeisterten Besucher aktiv mit dem Künstler das monumentale Werk mit einem Umfang von 1517 Zentimetern aufgebaut. Danach war das Portrait des Reformators Martin Luther auch in der Erlöser-Kirche in Bad Homburg, in der Wormser Dreifaltigkeitskirche und in der Pauluskirche in Darmstadt zu sehen. "Überall traf ich mit meinem Gemälde Luthers und mit der besonderen Machart des Portraits auf großes Interesse", erzählt Michael Apitz. Eine weitere Besonderheit war die Ausstellung in der Katholischen Maria-Hilf-Kirche in Mainz im Rahmen der "Nacht der Kirchen".
Intensiv mit Luther beschäftigt
Mit Beginn des Lutherjahres war der Rheingauer Künstler auf den Gedanken gekommen, sich mit der Person Martin Luther näher zu beschäftigen und ein Portrait des Reformators zu gestalten: "In diesem Werk möchte ich verschiedene Aspekte zu seiner Person und zur Reformation ins Bild setzen und für den Betrachter erfahrbar machen", erklärt der Rheingauer Künstler Michael Apitz zu seinem außergewöhnlichen Projekt "LUTHER95". In seinem Atelier in Hausen entstand im Frühjahr das Portrait aus knapp hundert Einzelteilen: "Der Titel "Luther95" ist eine Anspielung auf die Thesen Martin Luthers als Startpunkt der Reformation. Das Kunstwerk ist aus 95 gleichformatigen Einzelteilen zusammengesetzt". Wie bei Michael Apitz üblich, wollte er nicht "einfach nur ein weiteres Porträt von Martin Luther, wie man ihn kennt, mit dem üblichen gütigen, rundlichen Gesicht im schwarzen Doktormantel" malen. Bei ihm es ein ganz junger, fast asketischer und revolutionär anmutender Luther in der dunkelbraunen Kutte der Augustiner Mönche. Und das Bild ist wie schon vor drei Jahren bei dem Gutenberg-Projekt selbst ein Kunstwerk, denn es besteht aus einzelnen Holztafeln. Diese werden in einen riesigen Rahmen mit Rückwand einhängt und ergeben fertig zusammengesetzt das Gesamtbild. "Das eigentliche Acryl-Gemälde ist 398,5 Zentimeter hoch und 3,60 Meter breit. Dies ergibt einen Umfang von 1517 Zentimetern, eine gute Größe mit Bezug", erklärt der Künstler mit dem für ihn typischen leisen Humor.
"Als evangelischer Christ bin ich, Jahrgang 1965, im damals noch sehr katholisch geprägten Rheingau aufgewachsen. Meine Mutter stammt aus Wiesbaden, mein Vater aus Halle an der Saale. Sie waren gemeinsam 1949 nach Walluf in den Rheingau gezogen. In der Grundschule waren wir in der Klasse 26 katholische und vier evangelische Kinder. Mein Empfinden war damals, dass ich wohl einer religiösen Minderheit angehören müsste", erzählt Apitz. Der evangelische Religionsunterricht habe auch später am Gymnasium in der Mittelstufe zusammen mit den evangelischen Schülern der Realschule stattgefunden, "um überhaupt eine kleine Klasse zusammen zu bekommen".
"Erst im Rahmen meiner Konfirmation setzte ich mich näher mit meiner Religion auseinander und verstand auch die territorialen, geschichtlich gewachsenen Unterschiede der Konfessionen besser", erinnert sich der Künstler. Martin Luther sei ihm seit seinen Kindertagen dann auch eher "klischeehaft präsent" und das Jubiläum sei nun ein guter Anlass, um sich näher mit der Person Luther auseinanderzusetzen: "Das ist mir auch ein sehr persönliches Bedürfnis. Es ist meine Suche nach den Wurzeln und eine Suche nach dem Aspekt GLAUBEN".
Vom Comic-Zeichner zum Künstler
Der Maler Michael Apitz ist Jahrgang 1965, gebürtiger Eltviller, und wuchs in Walluf auf. Der selbständig tätige Maler und Grafiker absolvierte ein Studium an der FH-Wiesbaden, das er als Diplom-Designer abschloss. Bekannt wurde er zunächst als Zeichner der Comic-Figur "Karl, der Spätlesereiter" und durch zahlreiche Publikationen und Auftragsarbeiten als Karikaturist. Die Rheingauer bringen ihn auch meist wegen seines besonderen Humors immer noch mit den Comics in Verbindung, auch wenn er die ja schon lange nicht mehr zeichnet. Doch auch "Karl, der Spätlesereiter" hat das Leben des Comiczeichners, Künstlers und Landschaftsmalers Michael Apitz ein Stück weit geprägt. Ursprünglich habe er die Idee, einen Comic über den Rheingau und den Wein zu machen, "ziemlich blöd" gefunden und überhaupt keine Lust dazu gehabt. Doch "Karl" wurde ein Riesen-Hit, der eben immer noch bis heute die Menschen im Rheingau und darüber hinaus begeistert und nicht nur bei der Facebook-Gemeinde gerade wieder sehr in Mode gekommen ist. "Karl, der Spätlesereiter" ist höchstpersönlich auf Facebook vertreten und hat eine neue Welle der Begeisterung auch bei ganz jungen Leuten ausgelöst, die demnächst auch eine Wiederauflage der zeitlosen Comics mit sich bringt.
Geblieben ist die Heimatverbundenheit, die Apitz in den Comics dokumentierte und die seine Arbeit heute noch prägt. "Wir hatten Freude daran, Kultur und Geschichte der Rheinregion unterhaltsam, aber dennoch lehrreich zu vermitteln", so Apitz. Man habe damals die Idee gehabt, Bildergeschichten zu erzählen, die entlang des Rheins vor dem Hintergrund des ausgehenden 18. Jahrhunderts spielen, und dabei auf humorvolle Art geschichtliche Ereignisse aufzuarbeiten und in den Karl-Comics Wissenswertes über Wein und Geschichte in Wort und Bild zu vermitteln.
Parallel zu den Comic-Arbeiten entstanden ab 1995 Arbeiten aus dem Bereich der freien Malerei. Steht bei seinen Karikaturen der Mensch im Mittelpunkt seines Interesses, so war es bei der Malerei vor allem in den letzten Jahren die heimische, von Rhein und Reben geprägte Landschaft, die ihn ganz besonders faszinierte. Über die Stationen Karikaturen, Comics, Weinlandschaften und Flusslandschaften kam Michael Apitz dann an den nächsten Punkt der Weiterentwickelung, die sich mit urbanen Ansichten von Mainz und Wiesbaden befasst. Und Stillstand gibt es bei dem Künstler nicht, derzeit beschäftigt er sich auch wieder ganz intensiv mit den Menschen, und zwar mit ganz besonderen: zu seinen neuesten Werken gehört das dreiteilige Kunstwerk "Gutenberg" mit einer Holzinstallation, einem Gemälde und einem Weinetikett zum Gutenbergjubiläum in Eltville. Und jetzt widmete sich Michael Apitz nach den Gutenberg-Kunstwerken zum zweiten Mal eingehend einer historischen Person, die mit ihrem Wirken den Verlauf der Menschheitsgeschichte maßgeblich veränderte.
Glauben aus den Worten der Bibel
Er habe sich sehr eingehend mit dem Leben und Wirken des Reformators beschäftigt, was sich dann auch in dem Kunstwerk widerspiegelt. So hat sich Michael Apitz nicht nur die Besonderheit des riesigen Gemäldes in 95 Teilen als kreatives Detail einfallen lassen. Auch in der Abbildung Luthers selbst geht Michael Apitz seine ganz persönliche Auseinandersetzung mit dem Reformator an: "Luthers Gesicht ist vor allem durch Lucas Cranach sehr beeindruckend überliefert. Durch viele Texte von und über ihn ist uns seine Person sehr plastisch und vielschichtig überliefert. In meinem Werk will ich den Menschen Martin Luther und den Reformator darstellen". Der Künstler erklärt, dass die besondere Pose seines Luther in der Mitte des Bildes mit weit schweifendem Blick über den Betrachter hinaus die eines Widerständlers ist: "Trotzig stellt er sich gegen die vorherrschende Meinung und folgt allein seinem Glauben aus den Worten der Bibel heraus".
Und auch hinter der Farbwahl für sein Gemälde stehen für Michael Apitz wieder ganz viel tiefgründige Symbolik und viele Gedankengänge auf mehreren Ebenen. Die vordere Seite des Gemäldes zeigt einen bräunlichen Hintergrund, überschrieben mit einer originalen Handschrift von Luther. "Diese Tischrede von Luther als Professor in Wittenberg, in Latein geschrieben, aus dem Jahr 1515 habe ich in "Luthers Manuskript zur ersten Vorlesung über die Psalmen" in der Sächsischen Landesbibliothek, Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, gefunden und in das Bild einkopiert", erklärt Michael Apitz. Dabei projizierte er die Handschrift auf das fast fertige Bild und malte die Worte einzeln nach.
Luther selbst blickt auf Apitz Gemälde unverwandt in die Ferne und trägt eine hellbraune Mönchskutte, die in blutiges Rot übergeht. Besonders sticht in dieser Farbe, fast schon glühend vor Energie, die Bibel mit Kreuzabbildung hervor, die Luther in den Händen hält, von ihr scheint sogar Blut herunter zu tropfen. "Die Farbe Rot in der rechten Hälfte des Bildes ist unter anderem ein Verweis auf das Thema Blut in seinen verschiedenen Bedeutungen und symbolisiert die Auswirkungen von Luthers Tun". Es gehe zum einen um Gedankengänge zum Blut Christi, zum anderen aber auch um das Blut, das bei den Bauern- und Reformationskriegen geflossen sei, erläutert Michael Apitz.
Dass das Kunstwerk wie schon bei dem Gutenberg-Projekt auch eine "Installation" ist, fand bei allen Ausstellungen bisher besonders große Begeisterung: "Diese Gemeinschaftsaktionen mit Symbolcharakter kamen überall sehr gut an". Und auch im Rheingau wird zum krönenden Abschluss des Lutherjahres das Projekt "LUTHER95" aufgebaut: am 9. November ab 17 Uhr wird das Gemälde live in der Basilika des Kloster Eberbach aufgebaut.
Ein Bericht von Sabine Fladung vom 08.11.2017.
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