Leonardo da Vincis Maschinen

16.09.2015

Leonardo Da Vincis Maschinen

Interaktive Ausstellung im Bürgerzentrum zeigt eindrucksvoll, wie genial der italienische Künstler und Visionär war

Oestrich-Winkel. (sf) Der kleine Raum, den man betritt ist rundum mit über zwei Meter großen Spiegel bestückt und zeigt den Betrachter von allen nur erdenklichen Seiten.

"Ein Spiegelkabinett", ruft eine Besucherin begeistert, das kenne ich noch als Kind vom Jahrmarkt- Allerdings ist dieses Spiegelkabinett etwas ganz besonderes: es ist über 500 Jahre alt. Natürlich nicht die Materialien, aber die Idee, die hatte Leonardo da Vinci schon 1494. Damals sorgte seine Erfindung von Spiegelraum vor allem bei den Damen am Hofe der Sforza für ganz große Begeisterung. Und nicht nur die bis dahin völlig unbekannte Möglichkeit, sich von allen Seiten zu sehen: auch der kleine mechanische Ritter, der direkt neben dem Spiegelkabinett steht, sorgte 1494 für ganz großes Aufsehen, denn ihn hatte Leonardo mit Hilfe eines komplizierten Flaschenzugsystem beweglich gemacht. Der Ritter konnte sich vor den Besucher am Hof der Sforza verneigen und die Arme und Handgelenke bewegen wie ein kleiner Roboter. "Das ist unglaublich, was dieser geniale Mensch schon vor über 500 Jahren alles gewusst, ausprobiert, erforscht und gebaut hat", staunten die ersten Gäste der Sonderausstellung "Leonardo da Vincis Maschinen" im Oestrich-Winkeler Bürgerzentrum. Bis zum 22. November ist die Sonderausstellung im Bürgersaal zu sehen und auch interaktiv zu erleben.

"Die "Mona Lisa" kennt wohl ein jeder, aber das, was Leonardo da Vinci wirklich faszinierte, ist vielen bisher verborgen geblieben: seine Erfindungen und Entwicklungen von Maschinen", erläutert Kerstin Rupin-Friedrichs von der Galerie F, die die Ausstellung deutschlandweit zeigt und vertreibt. Von den Nordsee-Inseln bis nach Bayern habe man die Sonderausstellung mit über 35 Großmodellen und mehr als 30 Texttafeln zum Leben und zum Umfeld des Malers, Bildhauers, Architekten, Kunst-Theoretikers, Naturforschers und Ingenieurs "Leonardo da Vinci" bereits mit großem Erfolg und Besucherrekorden gezeigt und hofft auch im Rheingau und Rhein-Main-Gebiet viele interessierte Gäste zu finden.

Bürgermeister Michael Heil hatte die Idee zu der Ausstellung: Wie er bei der offiziellen Eröffnung mit geladenen Gäste erläuterte, kennt er die Familie Friedrichs, der die Ausstellungsagentur der Galerie-F gehört schon länger. "Die Friedrichs sind die Vermieter der wunderschönen Villa auf Langeoog, wo ich seit Jahren mit meiner Familie Urlaub mache", erklärte er. Als er gehörte habe, das seine Vermieter die Leonardo da Vinci-Ausstellung deutschlandweit zeigen, fragte er nach, ob das nicht auch in Oestrich-Winkel gehe. "Wir haben uns vor Ort die Räumlichkeiten angesehen und dann ging alles ganz schnell", freut sich auch Kerstin Rupin-Friedrichs über das großzügige Angebot der Stadt Oestrich-Winkel.
Mit einem halben Dutzend Mitarbeitern und riesigen Kisten im Schlepptau begann schon Mitte letzter Woche der Aufbau der lebensgroßen Fluggeräte, Flaschenzüge, des Spiegelkabinetts und der vielen Modelle von den genialen Maschinen, die auch nach 500 Jahren noch wegweisend und beeindruckend sind.

Die Maschinen
Nur noch 17 seiner Gemälde zeugen weltweit von den Fähigkeiten Leonardo da Vincis. Sein bekanntestes und berühmtestes Werk hängt im Louvre von Paris. "La Gioconda" - die Mona Lisa. Doch sah Leonardo die Malerei nicht nur als schöne Kunst, für ihn war sie auch das ideale Werkzeug zum Erkenntnisgewinn für seine Forschungen und Wissenschaften. Er war ein Genie und seiner Zeit um Jahrhunderte voraus. Als sein eigentliches Werk gelten inzwischen die Skizzen und Studien, die er Zeit seines Lebens in zahlreichen Notizbüchern niederschrieb. "Diese Notizbücher zu entschlüsseln war Lebensaufgabe für viele Forscher, da Leonardo kreuz und quer zusammenschrieb und skizierte, was ihm gerade in den Sinn kam und was er gerade sah", erläutert Kerstin Rupin-Friedrichs. Auch einige Fallen und absichtliche Fehler habe er immer wieder eingebaut, um zu verhindern, das seine Idee kopiert und geklaut werden. "Er hinterließ ein Lebenswerk von über 6000 verschlüsselten Manuskriptseiten. Darunter viele seiner technischen Zeichnungen, Studien und Entwürfe zu den Themen: Mechanik, Werkzeug- und Militärtechnik, Messgeräte sowie Fortbewegung zu Lande, im Wasser und in der Luft", so Kerstin Rupin-Friedrichs. Die Umsetzung seiner Skizzen erforderte Jahrzehnte sorgfältiger Recherchen und Auswertungen, denn nach Leonardos Tod gingen seine Notizbücher zum Teil verloren oder verschwanden in privaten Sammlungen und Archiven: "Etliche Blätter mussten erst wieder aufgefunden und zugeordnet werden, bis alle Details seiner Visionen zusammengefügt waren. Darüber hinaus schrieb Leonardo, aus Angst vor geistigem Diebstahl, seine Aufzeichnungen in Spiegelschrift und baute kleine Fehler in seine Konstruktionen ein". Viele Erfindungen, die Leonardo in diesen so genannten Codices festhielt, waren so fortschrittlich, dass sie moderne Materialien und Technologien erfordert hätten, um sie zu realisieren. Dies gelang erst fünfhundert Jahre später: In den vergangenen Jahren wurden maßstabsgetreue Modelle der Originalentwürfe Leonardo da Vincis entwickelt und damit die Werke und die Schaffenskraft des Universalgenies der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Die Ausstellung zeigt eine präzise Gegenüberstellung der technischen Skizzen und den aus Holz gefertigten Groß-Modellen. Die Besucher verlieren letzte Zweifel daran, wer beispielsweise zu frühester Zeit die Visionen von einem Doppelrumpfboot, einem Kugellager oder einem Fallschirm zu Papier brachte und dürfen sich von der Funktionsfähigkeit und der Wirkungskraft der Modelle, zum größten Teil durch ausprobieren, selbst überzeugen. Die Ausstellung lässt nun die Visionen des Universalgenies lebendig werden. Maschinen und Maschinenelemente, die Leonardo erfunden, erweitert oder verbessert hat, werden in Form von Großmodellen aus Holz gezeigt. Der überwiegende Teil der Modelle ist interaktiv gestaltet. Man habe auch viele Schulen angeschrieben, damit sie mit ihren Schülern die Ausstellung besuchen und Geschichtsunterricht, Physik und Mathematik einmal hautnah erleben können. "Viele der Geräte soll der Besucher selbst ausprobieren, wie den Flaschenzug, um so noch ein besseres Verständnis für die Genialität da Vincis zu bekommen", sagt Kerstin Rupin-Friedrichs.

Leonardo da Vinci kann zu Recht ein Universalgenie genannt werden. Er war zugleich Maler, Bildhauer, Kunsthistoriker, Anatom, Naturforscher, Architekt, Mechaniker und Erfinder. Durch seine einzigartige Verbindung von Kunst, Wissenschaft und Technik gelingt es ihm, auch noch nach 500 Jahren zu beeindrucken. Ergänzend gibt die Ausstellung spannende Informationen über Leonardos Leben, seine Zeitgenossen und die Renaissance
Die Ausstellung ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Die Eintrittspreise pro Person betragen für Erwachsene 6,50 Euro, ermäßigt 5,50 Euro, für Gruppen ab 10 Personen 4,50 Euro. Schülergruppen und Kindergärten ab 10 Personen zahlen 2,50 Euro, zwei Begleitpersonen sind frei. Zusätzlich gibt es die Familienkarte I (ein Erwachsener und zwei Kinder bis 16 Jahre) zu einem Preis von 8 Euro und eine Familienkarte II (zwei Erwachsene und max. vier Kinder bis 16 Jahre) zu einem Preis von 15 Euro. Führungen durch die Ausstellung sind nach Anmeldung im Bürgerbüro von Oestrich-Winkel unter 06723-992-180 oder unter Leonardo@oestrich-winkel.de möglich.

Ein Bericht von Sabine Fladung vom 16.09.2015.

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