Sieben Schnäpse und ein Spundekäs
03.01.2019
Küchenchef Alexander Hermann brachte die Rheingauer Weinbühne in der Brentanoscheune zum Kochen
Winkel. (sf) Starkoch Alexander Hermann hatte noch nie im Leben Spundekäs gegessen, doch in Winkel im Rheingau war es soweit: schon früh war der aus Funk und Fernsehen gut bekannte Sternekoch in die Brentanoscheune gekommen und auf sympathische Art ein bisschen aufgeregt. „Ich habe gesehen, 70 Prozent der Gäste trinken heute Abend Wein, das hat mich schon mal beruhigt, die saufen sich das alles also schon mal vorher schön“, erklärte der sympathische Franke gleich am Anfang und prostete gerne auch mal für ein Rheingau.de - Foto mit einem Riesling.
Er, der sonst in Fernsehstudios zu Hause ist und bei Koch-und Talkshows ein Millionenpublikum erreicht, wollte hier im Rheingau sein zweites eigenes, abendfüllendes Bühnenprogramm mit Live-Publikum „ausprobieren“ und landete damit dann auch gleich einen Riesenerfolg. Denn mit seiner Live-Show „Schnell mal was Gutes“ brachte der Koch Alexander Herrmann eine besondere Mischung aus Kochshow und Comedy auf die Bühne der Brentanoscheune in Oestrich-Winkel. Die „Vorpremiere“ servierte den über 200 Freunden der kulinarischen Unterhaltung zwei Stunden Stand-Up auf Sterne-Niveau von einem Mann, der so schlagfertig ist, dass er einen Liter Sahne allein mit Worten steif schlagen kann. „Eigentlich ist das Ganze weder eine reine Koch- noch eine reine Comedy-Show, sondern in erster Linie eine persönliche Show, in der ich die Leute an meinen Erfahrungen und meinem Wissen teilhaben lassen möchte“, erklärte Herrmann. Dass der aus TV-Formaten wie „Kitchen Impossible“, „The Taste“ oder „Kerners Köche“ bekannte Franke neben dem Kochen auch durchaus ein Talent für die Unterhaltung hat, ist kein Geheimnis, bereits 2013 tourte er mit seinem ersten Live-Programm durch Deutschland. „Das Programm wird sonst nur noch in ganz großen Hallen vor über 1000 Besuchern gezeigt, das ist hier also heute Abend etwas ganz exklusives und fast schon privates“, erklärte auch der Gastgeber des Abends, Wolfgang Junglas, der sich sehr freute, mit Alexander Hermann einen solchen Gaststar auf der Rheingauer Weinbühne zu präsentieren. Und Hermann gestand: „Ich bin ein Fan von kleineren Hallen, hier trägt die Atmosphäre der Räume zu einer privateren Stimmung bei“.
Von „Starallüren“ war jedenfalls nichts zu spüren, vielmehr nahm der sympathische Koch schon mal Kontakt mit den ersten eintreffenden Gästen auf, lief schon vor dem offiziellen Start durch die Stuhlreihen, um die Gäste zu begrüßen und sich mit ihnen zu unterhalten. Und auch mit den fleißigen Helfern in der Brentanoscheune sprach er, darunter auch mit Brigitte Strohschnitter, die seit Jahren für den legendären Spundekäs in der Brentanoscheune verantwortlich ist. „Ich dachte immer, der stinkt und deshalb hatte ich richtig bisschen Angst davor“, kommentierte Hermann nach dem ersten Augenschein der Rheingauer Spezialität. Wahrscheinlich hatte er ihn mit Handkäs‘ verwechselt, denn die Geschmacksprobe konnte den Starkoch doch überzeugen. Nur mit der Konsistenz schien er noch zu hadern, wie später in seiner Kochshow klar wurde, als er einen „missglückten“ Sahnemeerrettichspiegel für die Kalbsfleischpflanzerl „immer noch schöner wie euern Spundekäs“ fand.
Denn natürlich wurde an diesem Abend auch in der Brentanoscheune gekocht und weil Alexander Hermann alles mit so viel Humor würzte, kochte gleich die ganze Brentanoscheune mit: das Publikum lachte Tränen über die herrliche Situationskomik, die Schlagfertigkeit und die wirklich unglaublichen Geschichten aus der Welt der Fernsehköche. Denn Hermann plauderte tüchtig aus dem Nähkästchen, während er „so ganz nebenbei“ live Kalbfleischpflanzerl, eine knusprige Ente und süßes Dessert zauberte, das im Publikum auch kostprobenweise verteilt wurde. Sehr zur Freude des Publikums verriet er, wie es hinter den Kulissen einer Kochshow im Fernsehen zugeht, was ein Sternekoch erlebt, wenn er zum Essen eingeladen wird und ob Veganer und Köche natürliche Feinde sind. Nebenbei räumte er mit Mythen und Gerüchten aus der Gastronomie auf, rechnete mit dem Thermomix ab, „das ist wie Schachspielen mit Helm“, und zeigte, wie man den perfekten Löffel für „The Taste“ anrichtet: „Aber verraten sie das nicht dem Frank Rosin“. Alexander Herrmann plauderte „schamlos“ die Geheimnisse aus dem Leben eines Fernseh- und Sternekochs aus: Kochgeschichten, die nicht im Fernsehen gezeigt werden, wie den Grund dafür, warum bei ihm das Lob „Lecker“ nur sehr selten und dann garantiert nicht so gemeint über die Lippen kommt: „Wenn der Hund vom meinem Nachbarn sein Häufchen macht, kommentiert der das immer mit „Lecker“.
Obendrauf gab es zum Beispiel auch die Story, wie Alexander Hermann bei „Ina’s Nacht“ einmal aus lauter Frust sieben Schnäpse getrunken hatte. „Ich wollte schon immer mal in diese Talksendung und als die Einladung kam, freute ich mich riesig“, verriet er. Doch dann ging alles schief: wegen einer anderen Kochshow-Aufzeichnung verpasste er schon mal den Flieger von München nach Hamburg. Dort verspätet angekommen, wurde er in eine edle Garderobe gebracht, in der merkwürdigerweise gleich dutzende ausgeschenkter Schnäpse auf einem Tisch standen. Die bekannte Moderatorin Ina Müller erklärte ihrem Gast, das seien die Reste von einer Pressekonferenz und schenkte sich gleich drei der Schnäpse mal in ihr Glas Bier ein, das sie in der Hand hielt. „Nicht schlecht“, habe Hermann zu diesem Zeitpunkt immer noch gut gelaunt und aufgeregt gedacht. Doch die Stimmung drehte sich bald, als Gastgeberin Ina mit ihrem ersten Gast Steffen Hallaschka vor und hinter laufendem Mikrophon über den Starkoch herzog, was das Zeug hielt. Die Gäste in der Brentanoscheune lachten sich schlapp über die Kommentare, die Alexander Hermann damals über sich hören musste. Denn was er am Donnerstag verriet und in der damaligen Situation nicht wusste: die ganze Sendung war nur ein Fake und ein Streich der so beliebten Sendung „Verstehen Sie Spaß?“. Womit die Macher der „Reinlege-Sendung“ allerdings nicht gerechnet hatten: Alexander Hermann verleibte sich aus lauter Frust in der Garderobe sieben Schnäpse ein und schoss dann so „mutig“ geworden vor laufender Kamera mit lauter sehr netten Komplimenten zurück: „Alles, was die beiden gesagt haben, war Show, aber was ich nach sieben Schnäpsen gesagt habe, eben nicht", gab er zu.
Der charmante Franke berichtete von einer Beinahe-Katastrophe beim Flambieren im Fernsehstudio, von sturmreifen Dreharbeiten im sonst so sonnigen Spanien und vom Umgang mit schwierigen Gästen. Dabei stellte er die Typologie der Hobbyköche vor, die im Wesentlichen auf fünf Arten beruhe: „Den Poser, den Rezeptsklaven, den Banausen, den panischen Laien und den Klugscheißer“. Alexander Herrmann zeigte aber auch, wie man mit wenig Aufwand viel Geschmack erzeugt: in den zwei Stunden wurde mit Herzenslust gekocht und die Gäste erfuhren, wie das perfekte Steak mit "Geling-Garantie" funktioniert, bekamen die beste Ente im Ganzen aus dem Ofen serviert und natürlich gab es auch Herrmanns Lieblingsgericht, das perfekte Fleischpflanzerl. Mitschreiben musste niemand, denn nach der Show gab es alle Rezepte zum Download. Die Live-Show des Sternekochs, der beim „Kitchen Impossible", "The Taste" oder "Kerners Köche" sein vielfältiges Talent schon mehrfach bewiesen hat, war ein sehr gelungener Mix aus wertvollen Kochtipps, lustigen Anekdoten aus der Sternegastronomie und humorvollem Entertainment. Alle Handgriffe des Sternekochs wurden live auf einer Leinwand übertragen und so verpassten auch die hinteren Zuschauer keinen seiner kleinen, aber feinen Kniffe. Die Zuschauer erfuhren, wie man „schnell mal was Gutes“ zubereitet, denn am Herd zeigte Herrmann den Anwesenden wertvolle Tipps und Tricks, wie sie einen Fisch richtig auf der Haut braten, ihren Gästen eine knusprige Ente im Ganzen servieren und ihre Liebsten mit dem perfekten Steak beeindrucken können. Das Ergebnis konnten die Zuschauer dann auch verkosten und sich von dem Geschmack überzeugen. Längen kamen dabei nie auf, da Herrmann mit seinem schnellen Witz und Improvisationstalent stets für Unterhaltung sorgte. Den ganzen Abend über blieb Herrmann seiner lockeren Art treu und hielt stets engen Kontakt mit dem Publikum: er holte sogar immer wieder Zuschauer zu sich auf die Bühne, wie die langjährige Rheingauschule-Lehrerin Lina, die die Fleischpflanzerl probieren wollte und die er als „Schemie-Lehrerin“ auf eine harte mathematische Probe stellte, indem er ihr vier „Frikadellen“ mit gab und dazu fünf Bestecke („Kein Plastik, dafür wurde ich sogar mal ausgezeichnet!“). Schade, dass er nicht erfuhr, dass Freundin Maria, mit der Lina da war, die Rheingauer Spundekäskönigin 2017 war.
Den krönenden Abschluss servierte er zusammen mit dem Schlosser Dennis, den er aus dem Publikum zum „Blind Cooking“ geholt hatte: Dennis bereitete unter Hermanns Anleitung ein Sauerkirschen-Prosecco-Sorbet. Dass dann auch mal neben dem Schalenabrieb und dem Saft der Zitrone auch einige der Kerne im Sorbet landeten, war gar kein Problem: Dennis durfte mit Schürze und Pfanne zurück auf seinen Platz und der fränkische Sternekoch kommentierte: „Das ist nicht mehr zu steigern“. Gemeint war damit wahrscheinlich nicht nur das Dessert, sondern ganz bestimmt auch der Spaß an der Show, der ihm selbst genauso wie dem begeisterten Publikum anzumerken war.
Ein Bericht von Sabine Fladung vom 03.01.2019.
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