Seniorenkreuzfahrt auf der Costa Concordia II
17.12.2016
Mit Detlev Schönauers "Jacques" werden Kreuzfahrtschiffe zu Luxus-Seniorenwohnheimen "all Inklusiv" und Omas zu Facebook-Spezialisten
Oestrich. (sf) Ein bisschen Risiko ist zwar dabei, aber was soll das schon in dem Alter und die Vorteile liegen auch auf der Hand: mit Detlev Schönauer geht es für Senioren statt ins Altersheim auf die Costa Concordia II und das all inclusiv. "Da ist nicht nur das Essen viel besser, da sind auch Ärzte für jedes Wehwehchen mit an Bord und wenn in der Kabine mal was kaputt geht, kommt sofort ein Techniker, bringt es in Ordnung und entschuldigt sich auch noch für die Unannehmlichkeiten", informierte er sein verblüfftes Publikum und gab auch noch eine Vorstellung, wie exklusiv der Tod auf See ist: "Da steht die ganze Mannschaft in Gala-Uniform an der Reeling, wenn der Verstorbene über Bord geht. Ihr kennt das sich aus den Piratenfilmen", sagte Schönauer und sang dazu verschmitzt mit eigener Gitarrenbegleitung "Rolling home".
Am vergangenen Sonntagabend mischte der Mainzer Kabarettist, der auf Einladung der Kulturhölle als Gaststar der Premiere "Brentanoscheune meets Bürgerzentrum" die Gäste mit über 30 Jahren Bühnenerfahrung wieder mal tüchtig auf. "Oma ist auf Facebook" heißt sein neuestes Bühnenprogramm und beschäftigte sich urkomisch mit dem "Neuland" Älterwerden. In seiner Paraderolle, in der er auch regelmäßig im Fernsehen auftritt, erklärte der charmant französelnde Bistrowirt Jacques: "Lieber alt und glücklich, als jung und dumm!". Als der quirlige Theken-Philosoph "Jacques" zeigte er dem Publikum, das jedes Alter hat seinen Reiz hat: gerade mit den Jahren sammelt man Bildung, Weisheit und Lebenserfahrung, samt der nötigen Portion Humor. "Warum also verzagen? Altern macht Spaß und ist richtig cool", nicht nur auf der Costa Concordia II. Detlev Schönauer zeigte in seinem neuen musikalisch-satirischen Kabarett-Programm, wie witzig Älterwerden trotz Finanzmisere, Pflegenotstand und Rentenchaos ist. Und räumte mit der Freude auf die Zeit des "Unruhestandes", wenn man endlich tun und lassen kann was man will, "also theoretisch", auf. Schönauer hatte eine Menge guter Vorschläge für das Älter werden, die er mit Stand-up-Comedy, Parodien und Songs, in bunter Dialektvielfalt präsentierte: er lästerte übers Reisen, entlarvt die akute Altersfrömmigkeit und erklärte, wie man sich elegant der lästigen neuen Familienpflichten entledigt, denn "als Rentner hast du doch jetzt Zeit". Und er verwickelt sein Publikum auch in manch abstruse Verschwörungstheorie und wenn auch selbst schon im vorgerückten Alter, erinnerte er sich noch gerne humorvoll allerhand fleischlicher Gelüste.
In den letzten drei Jahrzehnten hat sich Detlev Schönauer eine riesige Fan-Gemeinde, vornehmlich im Südwesten Deutschlands, "angelacht", die vor allem seine Musikalität am Klavier und seine Sprachwandlung schätzen. Auch viele Fernsehzuschauer kennen den amüsanten Franzosen mit der Baskenmütze und dem Knautschgesicht als Wirt Jacques des SWR oder als "TOURist Jacques" bei der Berichterstattung der ARD-Sportschau zur Tour de France. Immerhin beherrscht er mehr als 15 deutschsprachige Dialekte und Akzente und wurde von Altmeister Hanns-Dieter Hüsch als "Meister der Dialekte" geehrt. Für seine dialektischen Ausflüge, seine scharfsinnigen Beobachtungen der deutschen Seele und seine musikalischen Parodien wurde Detlev Schönauer mit mehreren Kabarettpreisen bedacht. Das Schicksal habe Detlev Schönauer ins beschauliche Saarland verschlagen: "Gudrun hieß das Schicksal". Und im Saarland hat Schönauer wichtiges dazu gelernt, zum Beispiel, das hier alle weiblichen Vornamen mit "S" beginnen: "sMaria, sHelga, sKarin und manche sogar mit doppel-S: sSabine".
Mit viel Wortwitz macht er sich so seine Gedanken zum Älterwerden und gab auch praktische Beispiele. Und auch immer ein Körnchen Wahrheit steckte in seinen satirischen Erkenntnisse, so mokierte sich Schönauer besonders über die "Silver-Surfer", die gern über die Widrigkeiten des Internets stolpern: "Hier kann jeder noch was lernen, ob kurz vor der Pension oder weit davon entfernt". In Jacques' Bistro konnte man auf jeden Fall mit Freude altern.
Mit dem herzerfrischenden, hintergründigen und trotzdem schreiend komischen Programm für Jung und Alt war Schönauer bereits zum dritten Mal zu Gast in Oestrich-Winkel. Diesmal aber eben nicht in der Brentanoscheune, aber auf Einladung der Kulturhölle, die sich freute, das die Gäste und Fans so zahlreich von nah und fern gekommen waren, um ihn zu sehen. "Bei ihm kann jeder Abend anders ausgehen", wissen die echten Fans, denn der quirlige "Jacques" improvisiert "auf Teufel komm raus" und baut immer wieder gerne das Publikum oder fotografierende Reporterinnen ("Komm, wir machen ein Selfie von uns Beiden") in seine Show mit ein, was die Besucher auch im Bürgerzentrum urkomisch fanden.
Ein Bericht von Sabine Fladung vom 17.12.2016.
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