Niedrigwasser bereitet Fährverkehr Sorgen
12.01.2017
In Oestrich-Winkel ist jetzt wieder die Flachwassserfähre aus Lorch im Einsatz
Oestrich-Winkel. (sf) Das Niedrigwasser des Rheins beeinträchtigt bereits seit Tagen die Schifffahrt. Binnenschiffer können nicht mehr die volle Ladung aufnehmen. Grund dafür ist unter anderem der zu trockene Herbst und Winter: seit Wochen gab es keinen größeren Niederschläge. Unter 80 Zentimeter Wassertiefe wird derzeit aktuell an der offiziellen Pegelstelle in Oestrich-Winkel an der Fähre gemessen. Das Niedrigwasser in diesem Winter macht Schlagzeilen und bereitet vor allem auch dem Fährbertrieb im Rheingau Sorgen. In Lorch wurde der Fährverkehr bereits eingestellt und das, obwohl dort wegen eines großen Felsen im Bereich der Fährzufahrt ein extra für diese Strecke gebaute Flachwasserfähre eingesetzt ist. Diese Fähre hat nur einen Tiefgang von 40 Zentimeter und kann trotz des niedrigen Wasserstandes in Lorch nach wochenlangem Ausbleiben von Regen nicht mehr eingesetzt werden. Letzte Woche fuhr die Fähre zwischen Lorch und Niederheimbach zum letzten Mal und die Nachricht , das wegen des anhaltenden Niedrigwassers des Rheins auch die Autofähre in Oestrich-Winkel den Betrieb zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz einstellen muss, schaffte es deutschlandweit in alle Nachrichten. Auch die Wasserschutzpolizei Rüdesheim hatte zum Jahreswechsel offiziell mitgeteilt, dass die Betreiber den Übersetzverkehr bis auf weiteres einstellen würden, die Autofahrer mit den Fähren Bacharach/Kaub und Rüdesheim/Bingen aber weiterhin übersetzen könnten.
Wie schon im Herbst 2015 kam es jetzt aber wieder zur Kooperation der Fährbetriebe Schnaas und Maul, so dass seit Montag der Fährbertrieb in Mittelheim wieder aufgenommen wurde. Denn am Samstag kam Michael Schnaas aus Niederheimbach mit seiner Fähre nach Ingelheim, dreieinhalb Stunden hat die Fahrt rheinaufwärts gedauert. Seine Fähre ist besonders leicht, erklärt Schnaas. Sie gehe nur 40 Zentimeter ins Wasser. Mit Autos drauf 60 Zentimeter.
"Unsere eigene Fähre hat rund einen Meter Tiefgang. Durch das Niedrigwasser war es schon vor Weihnachten für uns sehr schwierig an den beiden großen Sandbänken in der Winkeler Bucht zu fahren. Wir mussten hier schon seit Wochen besonders langsam und vorsichtig fahren und strapazierten das Material unserer Fähre, denn immer wieder kamen wir mit dem Grund in Berührung. Das hat zwar keinen Nachteil für unsere Kunden und ist auch nicht gefährlich, schadet auf Dauer aber der Fähre", erklärt der Fährbertreiber Michael Maul. Er und sein Kollege Schnass haben in diesem Tagen alle Hände voll zu tun, denn sie sind nicht nur gefragte Interviewpartner für Fernseh-, Funk- und Zeitung-Journalisten. Beide haben auch den Einsatz der Niedrigwasserfähre in Mittelheim organisiert. Nachdem der Fährbetrieb Schnaas in Lorch eingestellt wurde, hat Familie Schnaas ihre Fähre nach Oestrich-Winkel gebracht, wo Familie Maul sie angemietet hat. "Seit Montag ist die Flachwasserfähre nun in Betrieb", erzählt Michael Maul. "Auf unserer eigenen Fähre können wir 32 Autos laden, die Flachwasserfähre hat nur Platz für 21 Fahrzeuge". Zwar könne die "kleine" Lorche Fähre schneller fahren wegen des niedrigen Tiefgangs und man versuche den Takt schneller aufzunehmen. Aber mit den andauerten Bauarbeiten an der Schiersteiner Brücke sei das Verkehrsaufkommen an der Fähre ungebrochen hoch, berichtet Michael Maul.
Und noch ein weiteres Problem hat die Familie Maul zu schultern: Zur Zeit muss nicht nur das Personal für die noch fahrende eigene Fähre stellen, sondern auch das Personal für die Flachwasserfähre anmieten. "Hinzu kommt, das die Flachwasserfähre nur von einem Lorcher Kapitän gefahren werden darf, der sich damit auskennt. Gleichzeitig aber muss einer unserer Fährführer mit an Bord sein, weil der Lorcher Kollegen keine Genehmigung für die Oestrich-Winkeler Route hat". Das sei mit zusätzliche Kosten verbunden, die nicht unerheblich seien.
Michael Maul erinnert sich auch daran, dass es schon noch ein extremeres Niedrigwasser gab: "2003 hatte der Wasserstand an unserem Pegel nach einem sehr heißen Sommer nur noch 56 Zentimeter. Trotzdem haben wir den Fährverkehr nicht eingestellt und das werden wir auch mit höheren Kosten unseren treuen Kunden jetzt nicht antun. Wir fahren weiter", so Michael Maul. Doch wenn der Wasserstand noch mehr fällt, dann kann auch die Leicht-Fähre von Michael Schnaas irgendwann nicht mehr fahren. Ein solches Niedrigwasser um diese Jahreszeit sei sehr ungewöhnlich, heißt es vom Wasser- und Schiffahrtsamt in Bingen. Und auch die beiden Fährmänner Michael Maul und Michael Schnaas können sich nicht erinnern, wann das zum letzte Mal so gewesen war. Damit der Rheinpegel wieder steige, reiche es nicht, dass es in der Region ein bisschen regnet oder schneit. Erst wenn es im Schwarzwald, am Bodensee oder den Schweizer Alpen richtig regnen, wir das Wasser im Rhein wieder so steigen, das der Fährbertrieb normal laufen kann.
Ein Bericht von Sabine Fladung vom 12.01.2017.
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