"LUTHER95" heißt das neue Projekt von Michael Apitz
27.04.2017
Der Rheingauer Künstler malt ein monumentales Gemälde-Portrait des Reformators Martin Luther auf 95 Holztafeln/Ausstellungen in vielen Kirchen geplant
Rheingau. (sf) "Das Jubiläum "500 Jahre Reformation" brachte mich auf den Gedanken, mich mit der Person Martin Luther näher zu beschäftigen und ein Portrait des Reformators zu gestalten. In diesem Werk möchte ich verschiedene Aspekte zu seiner Person und zur Reformation ins Bild setzen und für den Betrachter erfahrbar machen", erklärt der Rheingauer Künstler Michael Apitz zu seinem brandneuen Projekt "LUTHER95". In seinem Atelier in Hausen entsteht zur Zeit dieses außergewöhnliche Porträt aus knapp hundert Einzelteilen: "Der Titel "Luther95" ist eine Anspielung auf die Thesen Martin Luthers als Startpunkt der Reformation. Das Kunstwerk wird aus 95 gleichformatigen Einzelteilen zusammengesetzt sein". Wie bei Michael Apitz üblich, gibt es nämlich nicht einfach nur ein weiteres Porträt von Martin Luther, wie man ihn kennt, mit dem üblichen gütigen, rundlichen Gesicht im schwarzen Doktormantel. Bei ihm es ein ganz junger, fast asketischer und revolutionär anmutender Luther in der dunkelbraunen Kutte der Augustiner Mönche. Und bei Michael Apitz ist wie schon vor drei Jahren bei seinem Gutenberg-Projekt auch das Bild selbst schon ein Kunstwerk. Denn es besteht aus einzelnen Holztafeln, diese werden in einen riesigen Rahmen mit Rückwand einhängt und ergeben fertig zusammengesetzt das Gesamtbild. "Das eigentliche Acryl-Gemälde wird dann vier Meter hoch und 3,585 Meter breit werden. Dies ergibt einen Umfang von 1517 Zentimeter, eine gute Größe mit Bezug", erklärt der Künstler mit dem für ihn typischen leisen Humor. Ganz exklusiv hatte er Rheingau.de eingeladen, die Entstehung seines neuen Projektes live vor Ort in seinem Atelier mitzuerleben und zu dokumentieren.
Der Maler Michael Apitz ist Jahrgang 1965, gebürtiger Eltviller, und wuchs in Walluf auf. Der selbständig tätige Maler und Grafiker absolvierte ein Studium an der FH-Wiesbaden, das er als Diplom-Designer abschloss. Bekannt wurde er zunächst als Zeichner der Comic-Figur "Karl, der Spätlesereiter" und durch zahlreiche Publikationen und Auftragsarbeiten als Karikaturist. Die Rheingauer bringen ihn auch meist wegen seines besonderen Humors immer noch mit den Comics in Verbindung, auch wenn er die ja schon lange nicht mehr zeichnet. Doch auch "Karl, der Spätlesereiter" hat das Leben des Comiczeichners, Künstlers und Landschaftsmalers Michael Apitz ein Stück weit geprägt. Ursprünglich habe er die Idee, einen Comic über den Rheingau und den Wein zu machen, "ziemlich blöd" gefunden und überhaupt keine Lust dazu gehabt. Doch "Karl" wurde ein Riesen-Hit, der eben immer noch bis heute die Menschen im Rheingau und darüber hinaus begeistert und nicht nur bei der Facebook-Gemeinde gerade wieder sehr in Mode gekommen ist. "Karl, der Spätlesereiter" ist höchstpersönlich auf Facebook vertreten und hat eine neue Welle der Begeisterung auch bei ganz jungen Leuten ausgelöst, die demnächst auch eine Wiederauflage der zeitlosen Comics mit sich bringt.
Geblieben ist die Heimatverbundenheit, die Apitz in den Comics dokumentierte und die seine Arbeit heute noch prägt. "Wir hatten Freude daran, Kultur und Geschichte der Rheinregion unterhaltsam, aber dennoch lehrreich zu vermitteln", so Apitz. Man habe damals die Idee gehabt, Bildergeschichten zu erzählen, die entlang des Rheins vor dem Hintergrund des ausgehenden 18. Jahrhunderts spielen, und dabei auf humorvolle Art geschichtliche Ereignisse aufzuarbeiten und in den Karl-Comics Wissenswertes über Wein und Geschichte in Wort und Bild zu vermitteln.
Parallel zu den Comic-Arbeiten entstanden ab 1995 Arbeiten aus dem Bereich der freien Malerei. Steht bei seinen Karikaturen der Mensch im Mittelpunkt seines Interesses, so war es bei der Malerei vor allem in den letzten Jahren die heimische, von Rhein und Reben geprägte Landschaft, die ihn ganz besonders faszinierte. Über die Stationen Karikaturen, Comics, Weinlandschaften und Flusslandschaften kam Michael Apitz dann an den nächsten Punkt der Weiterentwickelung, die sich mit urbanen Ansichten von Mainz und Wiesbaden befasst. Und Stillstand gibt es bei dem Künstler nicht, derzeit beschäftigt er sich auch wieder ganz intensiv mit den Menschen, und zwar mit ganz besonderen: zu seinen neuesten Werken gehört das dreiteilige Kunstwerk "Gutenberg" mit einer Holzinstallation, einem Gemälde und einem Weinetikett zum Gutenbergjubiläum in Eltville. Und jetzt widmet sich Michael Apitz nach den Gutenberg-Kunstwerken zum zweiten Mal eingehend einer historischen Person, die mit ihrem Wirken den Verlauf der Menschheitsgeschichte maßgeblich veränderte.
Als evangelischer Christ bin ich, Jahrgang 1965, im damals noch sehr katholisch geprägten Rheingau aufgewachsen. Meine Mutter stammt aus Wiesbaden, mein Vater aus Halle an der Saale. Sie waren gemeinsam 1949 nach Walluf in den Rheingau gezogen. In der Grundschule waren wir in der Klasse 26 katholische und vier evangelische Kinder. Mein Empfinden war damals, dass ich wohl einer religiösen Minderheit angehören müsste", erzählt Apitz. Der evangelische Religionsunterricht habe auch später am Gymnasium in der Mittelstufe zusammen mit den evangelischen Schülern der Realschule stattgefunden, "um überhaupt eine kleine Klasse zusammen zu bekommen".
"Erst im Rahmen meiner Konfirmation setzte ich mich näher mit meiner Religion auseinander und verstand auch die territorialen, geschichtlich gewachsenen Unterschiede der Konfessionen besser", erinnert sich der Künstler. Martin Luther sei ihm seit seinen Kindertagen dann auch eher "klischeehaft präsent" und das Jubiläum sei nun ein guter Anlass, um sich näher mit der Person Luther auseinanderzusetzen: "Das ist mir auch ein sehr persönliches Bedürfnis. Es ist meine Suche nach den Wurzeln und eine Suche nach dem Aspekt GLAUBEN".
Und so hat sich Michael Apitz in den letzten Monaten sehr eingehend mit dem Leben und Wirken des Reformators beschäftigt, was sich dann auch in dem Kunstwerk widerspiegelt. So hat sich Michael Apitz nicht nur die Besonderheit des riesigen Gemäldes in 95 Teilen als kreatives Detail einfallen lassen. Auch in der Abbildung Luthers selbst geht Michael Apitz seine ganz persönliche Auseinandersetzung mit dem Reformator an: "Luthers Gesicht ist vor allem durch Lucas Cranach sehr beeindruckend überliefert. Durch viele Texte von und über ihn ist uns seine Person sehr plastisch und vielschichtig überliefert. In meinem Werk will ich den Menschen Martin Luther und den Reformator darstellen". Der Künstler erklärt, dass die besondere Pose seines Luthers in der Mitte des Bildes mit weit schweifendem Blick über den Betrachter hinaus die eines Widerständlers ist: "Trotzig stellt er sich gegen die vorherrschende Meinung und folgt allein seinem Glauben aus den Worten der Bibel heraus".
Und auch hinter der Farbwahl für sein Gemälde stehen für Michael Apitz wieder ganz viel tiefgründige Symbolik und viele Gedankengänge auf mehreren Ebenen. Die vordere Seite des Gemäldes zeigt einen bräunlichen Hintergrund, überschrieben mit einer originalen Handschrift von Luther. "Diese Tischrede von Luther als Professor in Wittenberg, in Latein geschrieben, aus dem Jahr 1515 habe ich in "Luthers Manuskript zur ersten Vorlesung über die Psalmen" in der Sächsischen Landesbibliothek, Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, gefunden und in das Bild einkopiert", erklärt Michael Apitz. Dabei projiziert er die Handschrift auf das fast fertige Bild und malt die Worte einzeln nach.
Luther selbst blickt unverwandt in die Ferne und trägt eine hellbraune Mönchskutte, die in blutiges Rot übergeht. Besonders sticht in dieser Farbe, fast schon glühend vor Energie, die Bibel mit Kreuzabbildung hervor, die Luther in den Händen hält, von ihr scheint sogar Blut herunter zu tropfen. "Die Farbe Rot in der rechten Hälfte des Bildes ist unter anderem ein Verweis auf das Thema Blut in seinen verschiedenen Bedeutungen und symbolisiert die Auswirkungen von Luthers Tun". Es gehe zum einen um Gedankengänge zum Blut Christi, zum anderen aber auch um das Blut, das bei den Bauern- und Reformationskriegen geflossen sei, erläutert Michael Apitz.
Damit aber immer noch nicht genug, hat sich Michael Apitz auch wieder, wie schon beim Gutenberg-Kunstwerk, eine "Installation" zu dem Projekt "LUTHER95" ausgedacht: "Das Kunstwerk kann von einer Person oder einer Gruppe vor Publikum live aufgebaut werden. Dies kann dann eine schöne Gemeinschaftsaktion mit Symbolcharakter sein", erklärte er. Mit dieser Idee und einem Entwurf des Projektes stieß er dann auch bei einer ersten Vorbesprechung beim Organisationsteam zu den Feierlichkeiten "500 Jahre Reformationstag" bei der evangelischen Kirche Hessen-Nassau auf offene Ohren und helle Begeisterung. Die Verantwortlichen wollen das Kunstwerk in mehreren großen Kirchen zu offiziellen Festen und Feierlichkeiten im diesjährigen Lutherjahr installieren und ausstellen. Schon jetzt gibt es feste Termine, darunter die Uraufführung des Kunstwerkes "LUTHER95" am 25. Juni in der Marktkirche in Wiesbaden. Mitgestaltet wird diese Premiere von Klaus Branzen, der gerade ein Programm mit passenden Texten und Liedern, zum Teil auf historischen Instrumenten gespielt, vorbereitet. Weitere Ausstellungsorte werden danach Bad Homburg, Worms, Darmstadt und Frankfurt sein und auch eine Ausstellung in einer katholischen Kirche in Kostheim ist vorgesehen. Und für den Herbst könnte es vielleicht auch eine Ausstellung im Kloster Eberbach geben, erste Gespräche hat es bereits gegeben.
Ein Bericht von Sabine Fladung vom 27.04.2017.
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