Neuer Eigentümer will burmesischen Tempel sanieren
15.03.2018
Baumfällaktion sorgt für Unmut in Bevölkerung/Kreis bemängelt fehlende Genehmigung
Oestrich. (sf) "In Schloss Reichartshausen an der EBS wurden Bäume gefällt, obwohl diese vermutlich unter besonderen Schutz standen. Totaler Kahlschlag. Schon im Oktober haben die da bereits Bäume gefällt. Das hat sicher etwas mit dem Neubau zu tun", wie ein Lauffeuer ging letzte Woche diese Nachricht in Oestrich-Winkel und Hattenheim herum. Rund um den burmesischen Tempel in direkter Nachbarschaft zu dem neuen Studentenwohnheim der European Business School (ebs) waren viele der großen, alten Bäume im oberen Drittel des Parks abgeholzt worden und diese Arbeiten rund um das Teehaus und den etwas größere angrenzende burmesische Tempel, die jetzt ganz frei in dem Park stehen, sorgte in der Bevölkerung für großen Unmut.
Die EBS hat mit dieser Baumfällaktion jedoch nichts zu tun, denn der Pavillon mit Teehaus gehörte noch nie zum Campusgelände. Wie vom Präsidium der Universität zu hören war, gehört der Tempel mit dem Teil des Parks Dr. Klaus Lesker, einem der Geschäftsführer von Ferrostaal. "Er hat die Bäume ohne Genehmigung fällen lassen", erklärte wiederum der Rheingau-Taunus-Kreis. Der Verdacht, die Fällung sei mit dem Zweck erfolgt, den Appartements im neuen Studentenwohnheim mehr Licht zu bringen, ist damit also widerlegt. Stattdessen wurde das Gerücht laut, dass der Eigentümer künftig den unter Denkmalschutz stehenden Tempel und das burmesische Teehaus nach Jahrzehnten des "Dornröschenschlafes" für Veranstaltungen nutzen will, deshalb auch Parkplätze braucht, wie auch beim Rheingau-Taunus-Kreis zu hören ist. "Dem Eigentümer droht jetzt ein Bußgeld und er wird auch die Auflage bekommen, als Ausgleich neue Bäume auf dem Gelände zu pflanzen", so Dr. Christoph Zehler, der Sprecher des Rheingau-Taunus-Kreises.
Der Eigentümer selbst erklärte jedoch gegenüber dem Rheingau-Echo: "Eine Renovierung des burmesischen Pavillons ist dringend erforderlich. Durch die Einbindung der ursprünglichen Architekten-Familie aus Burma, der hierfür extra nach Deutschland gereist ist, wird mit diesen Arbeiten zeitnah begonnen werden. Mit der Renovierung des Pavillons geht ein an das Umfeld angepasste Anlage eines neuen Parks einher. Dies umfasst auch das Anpflanzen neuer Bäume, um eine blühende Parklandschaft in den nächsten Jahren wiederherzustellen".
Der Kreis-Pressesprecher Dr. Christoph Zehler sagt, das es schon im Februar letzten Jahres ein Telefongespräch zwischen dem Verwalter des Grundstücks und der Unteren Naturschutzbehörde gegeben habe: "Allerdings hat es damals eine Anfrage wegen Totholz und umsturzgefährdeter Bäume gegeben und die Untere Naturschutzbehörde hatte schon 2017 dem Verwalter mitgeteilt, dass die Bäume, die Naturdenkmale seien, nicht gefällt werden dürfen". Ein Ortstermin, den die Untere Naturschutzbehörde angeboten hatte, sei nicht zu Stande gekommen. "Offenbar hat der Besitzer diese Mitteilung als "Genehmigung" verstanden, die nicht als Naturdenkmal geltenden Bäume fällen zu dürfen, die den Tempel beschatten, wie der Verwalter im Gespräch mit der Behörde moniert hatte", so Dr. Christoph Zehler. Im Februar letzten Jahres seien dann zwar keine Baumfällarbeiten mehr vorgenommen worden. In der letzten Woche dann wurden die Baumfällarbeiten durchgeführt und rund um Tempel und das Teehaus fast alle Bäume gefällt. Der Aufschrei in der Bevölkerung war so groß, dass er auch die Kreisverwaltung erreichte und die Bauaufsicht einen Baustopp verhängte. Vom Eigentümer wurde jetzt verlangt, seine weiteren Pläne vorzulegen und die erforderlichen Bauanträge zu stellen.
Der erklärt, das er sich dazu entschieden habe, mit einem hohem finanziellen Aufwand der Region einen kulturellen Mehrwert zu bieten, der auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. "Es ist sehr bedauerlich, dass ein Teil des Baumbestandes nicht erhalten werden konnte, was ursprünglich geplant war. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass der Park mindestens in den letzten 15 Jahren nicht mehr angemessen gepflegt wurde", erklärt er.
Der burmesische Tempel mit Pavillon war ursprünglich ein Gastgeschenk des Staates Burma an die Geisenheimer Firma Fritz Werner und wurde 1970/71 idyllisch im grünen Park von Schloss Reichartshausen errichtet. "Die Bäume gehören dabei zum Tempel-Ensemble, das unter Denkmalschutz steht", erläuterte Dr. Christoph Zehler. "Das Gebäude ist eine Nachbildung einer königlichen Empfangshalle, die als burmesischer Ausstellungspavillon auf der Expo 1968 in Montreal gezeigt wurde und dort abbrannte", schreibt auch Dagmar Söder vom Landesamt für Denkmalpflege in ihrer Denkmaltopografie für den Rheingau. Rund 2500 Quadratmeter umfasst das Gelände, auf dem der burmesische Freundschaftspavillon steht. Das exotische Gebäude war zum Zeitpunkt seiner Errichtung ein Blickfang, geriet aber, wohl nicht zuletzt deshalb fast in Vergessenheit, weil es mehr und mehr von den umstehenden Bäumen verdeckt wurde. 2016 habe das Unternehmen Ferrostaal, zu dem Fritz Werner jetzt gehört, das Gelände an seinen Geschäftsführer verkauft, den in Essen beheimateten Dr. Klaus Lesker.
"Der jetzige Eigentümer hat vor rund zwei Jahren das Anwesen erworben. Es befand sich in einem desolaten Zustand, der auch durch den Wildwuchs auf dem Gelände, nur bei genauerem Hinsehen erkennbar war. Bis zum Jahreswechsel 2017 wurde das Gebäude von einer Person für "gewerbliche Zwecke gepachtet. Obwohl nicht genehmigt, hat sich der Mieter dort auch wohnlich niedergelassen. Unter anderem errichtete er ein Carport für seine drei Autos. Dahinter türmten sich jede Menge Holz und Laubabfälle auf. Keiner hat sich darum gekümmert", erzählt der Hattenheimer Projektentwickler Joachim Destrée, der im Auftrag des Eigentümer die Aufgabe übernommen hat, den Tempel, den Pavillon und das gesamte Areal in einen authentischen Zustand zu versetzen, um das Anwesen später der Allgemeinheit für Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen, wie er sagt. Destrée erzählt, das Dr. Lesker dem Mieter zunächst fristgerecht gekündigt habe: "Darüber hat sich dieser mächtig aufgeregt, was nachvollziehbar ist, da er dort bisher für ein Taschengeld leben konnte. Der Hattenheimer Projektleiter und Klaus Lesker kennen sich seit längerem: "Er bat mich, da ich vor Ort wohne, ob ich anstehende Arbeiten für ihn koordinieren könnte. Zunächst stellten wir fest, dass der größte Teil des Baumbestands stark mit Fäulnis befallen war und somit die Gefahr bestand, dass Äste abbrechen oder ganze Bäume umstürzen können. Dies wurde auch von einen Baumsachverständigen im Mai 2017 bestätigt, woraufhin von der Untere Naturschutzbehörde die Fällung umgehend genehmigt wurde". Joachim Destrée erzählt, das durch den Baumschlag nicht nur eine Gefährdung für den Pavillons, sondern auch von Personen bestanden habe, die sich auf dem Gelände aufgehalten haben und hat dies auch in vielen Fotos dokumentiert. Auch aus diesem Grund sei es erforderlich gewesen, schon im Jahr 2017 kurzfristig erste Bäume zu fällen. Vor allem nach den heftigen Stürmen in der Nacht zum 1. August letzten Jahres hatte Destrée seinen Freund in Essen darüber aufgeklärt, das eine Gefährdung des Gebäudes durch die umstehenden Bäume bestehe. In zwei E-Mails im August und im November informierte er Dr. Lesker über die Schäden, die der Sturm im Rheingau verursacht hatte. "Wir müssen leider damit rechnen, in Zukunft mit solchen Katastrophen zu leben. Um möglichen Schäden vorzubeugen, sollten in Ihrem Fall die Bäume um den Tempel zeitnah entfernt werden. Um die Standfestigkeit der Platanen zu sichern, sollte hier sehr großzügig, überhängende Äste entnommen werden", schrieb Joachim Destrée nach Essen. Diese Mail sei auch von den Eigentümern an die Untere Naturschutzbehörde weitergeleitet, aber bis zum 7. März 2018 unbeantwortet geblieben. "Da wir größere Schäden befürchteten, wurden nun die morschen Bäume gefällt. Zwischenzeitlich hatte ich einen Dachdecker beauftragt, fehlende Schiefer auf den Gebäuden zu ersetzen. Dieser machte mich darauf aufmerksam, dass das Moos, was durch die ständige Verschattung inzwischen bis zu 10 Zentimeter dick auf dem Südteil der Dachflächen sich gebildet hat, das Dach über lang oder kurz erheblich beschädigt. Noch ein Grund den Wildwuchs zu entfernen und Licht und Luft an das Gebäude zu lassen", so der Hattenheimer Projektleiter. Viele der Bäume, die immer Sommer noch grün zeigten, seien innen total verfault gewesen: "Hier war selbst beim Fällen größte Vorsicht angesagt, da auch erfahrene Waldarbeiter die genaue Fallrichtung nur mit Hilfe einer Winde bestimmen konnten". "Bäume, die unter Nuturschutz stehen, sind nicht gefällt worden", so auch der Eigentümer.
Und der Projektleiter äußert sich auch zum "Gerücht der Parkplätze": "Auf dem Gelände befinden sich bereits befestigte und mit Randsteinen eingefasste Parkplätze. Es wird kein einziger dazukommen. Das gesamte Gelände wird als Park hergerichtet und entsprechende Bäume und Sträucher werden das Erscheinungsbild abrunden". Im benachbarten "Wald habe man außerdem viele Brombeerhecken und Wildwuchs entfernt, sodass sich die bestehenden Bäume entsprechend entwickeln können. "Ich finde es schon bemerkenswert, wenn sich heutzutage eine Privatperson bereit erklärt, hier einen hohen sechsstelligen Betrag in ein Anwesen zu investieren, um es dann der Allgemeinheit für Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen", so Destrée, der angeboten hat, die weiteren Renovierungsarbeiten mit Berichten zu begleiten und sich sogar vorstellen kann, mit Zustimmung des Eigentümers nach der Fertigstellung bei einem Tag der offenen Tür auch die Bevölkerung vor Ort zu informieren.
Ein Bericht von Sabine Fladung vom 15.03.2018.
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