Kinobesucher in der Basilika wurden Teil des Geschehens
23.08.2019
Kino Sommer Hessen lud zum 16. Mal zum Cineasten-Erlebnis am authentischen Drehort/Führungen im Vorfeld
Kloster Eberbach. (sf) Als Sean Connery in der Rolle des mittelalterlichen Mönchs William von Baskerville seinen Schüler Adson von Melk, gespielt von Christian Slater, in die Kirche des Klosters führte, wo ein weiterer Mönch am Boden liegend zur Jungfrau Maria betete, war das genau der Ort, an dem die 720 Kinobesucher die Filmszene sahen. Damit wurden die begeisterten Besucher in der Basilika von Kloster Eberbach zu einem Teil des Geschehens, denn der Welterfolg „Der Name der Rose“ wurde am Wochenende im Rahmen des „Kino Sommer Hessen" auf einer riesigen Leinwand genau dort gezeigt, wo er auch zum großen Teil gedreht wurde.
Bereits zum 16. Mal war dieses außergewöhnliche Cineasten-Ereignis am Original-Drehort einer der besonderen Höhepunkte des diesjährigen Kino Sommers Hessen und lockte am Freitag und Samstag jeweils über 700 Kinobesucher in das altehrwürdige ehemalige Zisterzienserkloster. Als authentische Kulisse und Drehort für fast alle Innenaufnahmen stand die ehemalige Zisterzienserabtei Kloster Eberbach im Mittelpunkt der Dreharbeiten zur Verfilmung von Umberto Ecos Roman "Der Name der Rose". Im Winterhalbjahr 1985/86 drehte Regisseur Annaud mit dem berühmten Ex-James Bond Sean Connery und vielen anderen Hollywoodgrößen diesen spektakulären mittelalterlichen Krimi. Traditionell seit 2003 bietet der Kino Sommer Hessen die Möglichkeit, sich diesen Film vor Ort an dieser historischen Stätte noch einmal anzusehen. „Das ist ein echtes Phänomen und in ganz Deutschland einmalig, dass ein Film schon so oft im Rahmen des Kino Sommer gezeigt wird und immer wieder die Vorstellungen ausverkauft sind“, dankte Erwin Heberling vom Film- und Kinobüro Hessen e.V. dem Publikum am vergangenen Freitagabend in der Basilika. Zusammen mit Hausherr Martin Blach, dem Geschäftsführer der Stiftung Kloster Eberbach, hatte er die Gäste der ersten Vorstellung begrüßt. Am Samstag dann folgte die zweite Vorstellung, die ebenfalls ausverkauft war. „Diese Mauern hier stehen seit 900 Jahren für Toleranz und Frieden und das war im Mittelalter nicht so selbstverständlich wie heute“, sagte Martin Blach in seiner Begrüßung direkt nach einem Kinowerbespot für mehr Toleranz in der Gesellschaft. Blach ging auch auf die Dreharbeiten mit „James Bond“-Darsteller Sean Connery vor über 30 Jahren im Kloster Eberbach ein und erinnerte wie Heberling daran, dass der Autor Umberto Eco mit dieser Besetzung für die Hauptrolle seines Romans „Der Name der Rose“ anfangs so gar nicht einverstanden gewesen sei. Heberling machte das Publikum außerdem auf den Aspekt „Lachen“ in dem Roman und der Verfilmung aufmerksam: „“Lachen spielt eine große Rolle, denn Lachen hat Kraft und das verstand man im Mittelalter in der Religion als einen Angriff auf die Autorität“.
Erwin Heberling ist mit seinem Team ständig auf der Suche nach romantischen, historischen, schönen Orten für ihre Veranstaltungen. Die Idee hinter einem wahren Organisationsmarathon, den ein solcher Kinoabend an historischen Aufführorten wie in Kloster Eberbach mit sich bringt, sei vielschichtig, sagte Heberling am vergangenen Samstag im Kloster Eberbach. Vier Techniker hatten schon am Freitagmorgen die 8,70 mal 4,70 Meter große Leinwand auf der Bühne aufgebaut und Lautsprecher im ganzen Raum verteilt, der später nur mit rund zwei Dutzend Kerzen beleuchtet wurde. Obwohl man bereits zum 16. Mal im Kloster Eberbach gastiere, sei es immer wieder etwas ganz besonderes, weil es so sehr mit dem Konzept der Verzahnung von touristischen und kulturellen Werten übereinstimme. Die idyllischen Veranstaltungsorte sollen Filmfreunde zum Erkunden der näheren und weiteren Umgebung verlocken und stellten für Einwohner ebenso wie für Ausflügler und Feriengäste eine Bereicherung dar, erläuterte Heberling.
Das war auch am vergangenen Wochenende im Kloster Eberbach zu spüren, denn unter den vielen Kinobesuchern waren Gäste aus dem ganzen Rhein-Main-Gebiet, aber auch viele Rheingauer, die den Film am authentischen Drehort erleben wollten. Und auch die Stiftung Kloster Eberbach freute sich, die Cineasten immer wieder zu begrüßen. „Echte Kenner kommen mit Decken und es gibt viele „Wiederholungstäter“, gerade auch aus dem Rheingau“, freute sich Martin Blach, der als besondere Ehrengäste am Freitagabend den ehemaligen Oberbürgermeister von Wiesbaden, Sven Gerich, und den Kiedricher Bürgermeister Winfried Steinmacher begrüßte. Ein besonderes Erlebnis war es aber auch, unter den vielen Statisten des Films die Rheingauer Darsteller zu erkennen und einige sogar im Publikum zu vermuten. Als Annaud den Film in Kloster Eberbach drehte, hatte er per Zeitungsanzeige "charakteristische Rheingauer Gesichter" gesucht und gerade Bewerbern mit "Glatze" oder "Knollennase" als Darsteller mittelalterlicher Mönche besonderen Vorzug gegeben.
Im Mittelpunkt des Geschehens stand aber natürlich das Kloster selbst. Dass die Filmvorführung in der Basilika des Kloster Eberbach stattfindet, hat den Reiz, das man den Film tatsächlich dort sieht, wo er gedreht wurde. In völliger Dunkelheit und nur im Kerzenschein schien das Geschehen nicht mehr nur auf der riesigen Leinwand zu spielen, sondern ganz gegenwärtig in der Basilika, und fesselte so alle Zuschauer zwei Stunden lang bis Mitternacht.
Vor der Filmvorführung am Samstagabend hatte die Stiftung "Kloster Eberbach" den Besuchern die Möglichkeit geboten, sich durch eine Führung intensiv mit der „Filmkulisse" vertraut zu machen. Neun Eltviller Stadtführer zeigten den interessierten Besuchern in rund 30 Führungen im Vorfeld der Kinovorführung die Räume, in denen die schaurigsten und interessantesten Szenen des Filmes "Der Name der Rose" gedreht wurden. Außerdem gab es Weine und Sekte aus dem Staatsweingut, mit denen man sich auch auf den cineastischen Ausflug ins Mittelalter vorbereiten und in der Pause stärken konnte.
Ein Bericht von Sabine Fladung vom 23.08.2019.
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