Konfluenzpunkt in Winkel ist eine Seltenheit
06.06.2020
Der 50. Breitengrad und der 8. Längengrad der Erdachse laufen genau durch den Bachweg
Winkel. (sf) Nur wenige wissen es und dabei ist es doch eigentlich eine Besonderheit, die Beachtung verdient: ausgerechnet im Winkeler Bachweg treffen sich der 50. Breitengrad und der 8. Längengrad der Erdachse. Konfluenzpunkt nennt man ein solches Phänomen, gemeint ist damit das Zusammentreffen von Längen- und Breitengraden, die Knotenpunkte der Linien, die den Erdball wie ein Netz umspannen. Beginnend mit dem sogenannten „Nullmeridian“ im englischen Greenwich überzieht ein Netz von 360 Längengraden, die die beiden Pole schneiden, und 180 Breitengraden die Erdkugel. Der Breitengrad Null ist als Äquator bekannt, er ist der mit dem größten Umfang. In Richtung zu den beiden Polen verengen sich die Kreise der Breitengrade, sodass die „Maschen“ des Netzes immer enger werden und die Zahl der Punkte zunimmt, an denen sich Längen- und Breitengrade schneiden. So besitzen Saudi-Arabien und Grönland mit jeweils etwa zwei Millionen Quadratkilometer die gleiche Landfläche. Während das äquatornahe Saudi-Arabien nur 181 Konfluenzpunkte beinhaltet, sind es im weit nördlich gelegenen Grönland 815.
Dass der 50. Breitengrad knapp unterhalb von Schloss Johannisberg und über den Kirchvorplatz von Winkel verläuft, gehört im Rheingau zum Allgemeinwissen, denn es galt einmal die mittlerweile zweifelhafte Regel, dass nördlich dieser Marke Weinbau nicht mehr sinnvoll sei. Zudem findet sich in den Weinbergen unterhalb von Schloss Johannisberg auch eine Markierung, die den Verlauf anzeigt. Dass aber auch der 8. Längengrad durch die Winkler Gemarkung verläuft, ist nur wenigen bekannt. Zwangsläufig ergibt sich aus dieser Tatsache, dass in Winkel ein Konfluenzpunkt zu finden sein muss, einer von nur insgesamt 48 Punkten innerhalb Deutschlands. Und die Besonderheit des Winkeler Konfluenzpunktes besteht darin, dass er einer von nur zweien ist, die auf bebautem Gebiet liegen. Wer aufmerksam durch die Greiffenclaustraße geht, sieht im Bereich der Kreuzung mit dem Bachweg einen Stein mit einer kleine Erdkugel-Skulptur, die auf diesen Punkt hinweist. Hinter der Bushaltestelle am Spielplatz ist der Konfluenzpunkt mit Informationsschild zu finden. Allerdings steht der Stein auch nicht genau am Schnittpunkt, denn der befindet sich auf einem privaten Grundstück weiter südlich.
Insgesamt ergeben sich rechnerisch weltweit 64.442 Konfluenzpunkte. 21.543 dieser Punkte liegen auf dem Land, 38.409 auf Meeresflächen und 4.490 im Bereich der Polkappen. Auch vier der deutschen Punkte liegen in Nord- und Ostsee. Angelehnt an die digitale Schnitzeljagd des „Geocaching“ hat sich vor einigen Jahren das „Degree Confluence Project“ gegründet, das sich zum Ziel gesetzt hat, möglichst viele der 9.800 überhaupt an Land erreichbaren Konfluenzpunkte zu besuchen und dies auch zu dokumentieren. Wer mitmachen will, kann in Winkel ganz einfach damit anfangen.
Übrigens verdankt die Stadt Koblenz ihren Namen auch dem lateinischen Begriff für einen Zusammenfluss, also „Konfluenz“: Am Deutschen Eck, wo die Mosel in den Rhein mündet, errichteten die Römer das Castellum apud confluentes, die „Festung am Zusammenfluss“. Das Wort „confluentes“ hat sich im Sprachgebrauch dann zu „Koblenz“ oder auch „Kowelenz““ verschliffen.
Ein Bericht von Sabine Fladung vom 06.06.2020.
427