Abendmusik mit chorArt am 1. Advent
22.11.2020
Kulturpreisträger trotzt Corona mit Benefizmusik zum 20jährigen Bestehen der Hospiz-Initiative
Rheingau. (sf) Das Covid 19 Virus und die Einschränkungen wegen der weltweiten Pandemie machen es vor allem Kunst, Kultur und Musik nicht einfach in diesem Jahr: eigentlich war zum 20jährigen Bestehen, das die ökumenische Hospizinitiative Rheingau in diesem Jahr feiert, ein großes Benefizkonzert des Kulturpreisträgers chorArt zusammen mit dem Rheingauer Kinderchor, Jugendchor und Jugendensemble St. Martin Oestrich geplant. Doch wegen der Corona-Krise mussten die Konzertplanungen nun neu angepasst werden, denn absagen ihrer Benefizmusik kam für die Künstler nicht infrage. Und so wird am 28. November chorART Rheingau den Gottesdienst und die Abendmusik zum ersten Advent in St. Jakobus Rüdesheim gestalten. Der Gottesdienst beginnt um 17 Uhr, die Abendmusik wird direkt im Anschluss an den Gottesdienst gesungen. Neben adventlichen Gesängen des Chores werden Mezzosopranistin und Altistin Jelena Puljas, als Gesangssolistin und Jochen Doufrain an der Orgel zu hören sein. „ChorART gestaltet diese Abendmusik unter den besonderen Vorzeichen der Corona-Pandemie als Benefiz für das Hospiz. Da aufgrund der Corona-Bestimmungen nur kleine Ensembles in Kirchen singen dürfen, werden sich die Sängerinnen und Sänger von chorART Rheingau in kleine Ensembles von vier bis sechs Personen aufteilen und als solche im Gottesdienst und der Abendmusik wirken“, so Chorleiter Jochen Doufrain. Die Stücke hatten die Künstler in den letzten Wochen in Online-Proben über Videostreamingdienste einstudiert und dann zusammengeführt. „chorART Rheingau hat hierzu seit Beginn der Pandemie eine Plattform aufgebaut, in der die Sängerinnen und Sänger online an Proben und Stimmbildung des Chores teilnehmen können. Ich als Chorleiter und meine Frau Jelena Puljas als Stimmbildnerin teilen uns diese Arbeit“, so Doufrain. Auch die Chornoten seien zu diesem Zweck digitalisiert worden, sodass alle Chormitglieder darauf zugreifen können. „Wie alles derzeit ist aber auch die Abendmusik am 28. November abhängig von der sich ständig verändernden dynamischen Pandemielage, sodass wir auch hier immer im Hinterkopf haben, dass alles aufgrund der sich ändernden Bestimmungen auch noch kurzfristig abgesagt werden muss. Wir als Chor haben aber festgestellt, dass wir ein Ziel brauchen, auf das wir hinarbeiten können“, so der Chorleiter. Für alle, die den Gottesdienst und die Abendmusik erleben wollen, gelte auch, dass dies nur nach vorheriger Anmeldung über die Pfarrei Heilig Kreuz Rheingau möglich ist.
„Insgesamt hat uns die Krise hart und - wie wohl alle - auch unvermittelt getroffen. Geplant war ein tolles Chorjahr mit vielen Konzerten und Highlights“, so Doufrain. Bereits im April war die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach für Chöre und Orchester, Solisten und Kinderchor geplant und auch schon komplett einstudiert. „Ich hatte begonnen, mit den Solisten zu proben, die notwendigen zwei Orchester waren gebucht, der Rheingauer Kinderchor- und Jugendchor, das Jugendensemble sowie die Kiedricher Chorbuben hätten mit uns musiziert. Insgesamt hätten über 80 Sängerinnen und Sänger sowie Musikerinnen und Musiker auf der Bühne gestanden. Wir alle haben uns auf die Aufführung dieses wohl größten oratorischen Werkes von Johann Sebastian Bach gefreut“, erinnert sich Jochen Doufrain. Die Matthäuspassion sei zuletzt in den 1970er Jahren von den Kiedricher Chorbuben als Rheingauer Chor aufgeführt worden. Doch dann verschärfte sich die Corona-Lage und alle Konzerte mussten abgesagt werden. „Kurz darauf waren dann bereits keine Präsenz-Chorproben mehr möglich. Bereits nach Ostern sind wir in digitale Proben gestartet. Dennoch haben uns der Lockdown und die fehlenden Proben- und Konzertmöglichkeiten absolut unvermittelt getroffen und ehrlicher Weise auch stark frustriert. Diese Frustration hat auch Spuren in der Chorgemeinschaft hinterlassen. Wir mussten uns ein stückweit neu erfinden und auch neu aufstellen“, so der Chorleiter. Als die Lockerungen im Sommer kamen, habe man sofort Konzepte umgesetzt, die einen Präsenzprobenbetrieb ermöglichten: „Wir haben mit kleinen Gruppen in sehr großen Räumen mit permanenter Durchlüftung geprobt. Parallel dazu haben wir weiterhin digitale Formate angeboten, um auch die Sängerinnen und Sänger mitzunehmen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht an Präsenzproben teilnehmen wollten oder konnten“. Doch kaum habe sich das „gerade wieder so ein bisschen eingespielt“, kam der zweite Lockdown: „Wir sind quasi in Echtzeit wieder in einen kompletten online-Probenbetrieb gewechselt“. Frustriert sei man darüber, dass man sich um passende Konzepte bemüht hatte und das dann doch umsonst war da. Derzeit sei die Probenorganisation das mit Abstand wichtigste Arbeitsfeld für die Chorleitung, manchmal gerate die eigentliche Probe darüber fast ins Hintertreffen. „Die technischen Voraussetzungen müssen geschaffen werden, Sängerinnen und Sänger brauchen technischen Support. Bei den Präsenzproben muss der Raum vorbereitet, gelüftet und Desinfektionsmittel bereitgestellt werden. Die Sängerinnen und Sänger müssen sich anmelden und Teilnehmerlisten werden geführt und archiviert. Das ist eine Menge Stress und so richtig entspannt probt es sich da nicht“, so Doufrain. Durch die weiten Abstände zwischen den Künstlern höre man sich zum Teil nicht gut und den Klang verändere das natürlich stark. „Trotzdem muss man auch sagen, dass Online-Proben niemals eine Präsenzprobe ersetzen werden, weil ein gemeinsames Singen einfach nicht gut möglich ist. Es ist momentan einfach nur "Besser als nix!"“, so der Chorleiter.
Man lebe da in einem gewissen Spagat: „Auf der einen Seite sind uns allen die Risiken des Corona-Virus bewusst“. Und Jochen Doufrain ist sich auch bewusst, dass Studien auch ergeben haben, dass durch Chorsingen die starke Aerosolverbreitung besondere Risiken birgt und man vor allem im Präsenzprobenbetrieb deshalb auch Vorsicht walten lassen muss. „Genau wie in anderen gefährdeten Bereichen lässt sich das Risiko aber durch geeignete Maßnahmen minimieren. Ein Restrisiko bleibt wie in anderen Bereichen aber immer. Deshalb haben wir von Anfang an auch die Abschätzung des persönlichen Risikos den Sängerinnen und Sängern überlassen und versucht, für alle ein Angebot, entweder Präsenz, solange dies möglich war, und parallel oder wie jetzt gerade ausschließlich online zu bieten. Manchmal ärgert es einen, wenn man sieht, welchen Aufwand man in seinem Lebensbereich betreiben muss, während in anderen Bereichen völlige Sorglosigkeit oder Verleugnung der Gefahren gezeigt wird“, so Doufrain. Gerade die Kultureinrichtungen und die Vereine oder die Gastronomiebetriebe hätten sich viele Konzepte zum verantwortungsvollen Umgang mit der Pandemie überlegt und vor allem die treffe der 2. Lockdown auch hauptsächlich: „Und das, während sich in Leipzig zehntausende Querdenker ohne Masken oder Abstand versammeln können. Das ist bitter und lässt einen an einer solidarischen Gesellschaft zweifeln“.
Man verstehe die Krise aber auch als Chance, sich neu aufzustellen und neue Wege zu gehen, auf die man sich freue. So hat chorART Rheingau jetzt gerade einen neuen Vorstand mit dem 1. Vorsitzenden Dr. Andreas Ogrinz, dem 2. Vorsitzenden Sebastian Braun, Kassenwartin Bettina Braun, Schriftführerin Angelika Jakobi und Chorleitung Jochen Doufrain gewählt und man blicke positiv in die Zukunft. „Wir planen weiterhin Konzerte so flexibel, dass wir jederzeit auf sich verändernde äußere Umstände reagieren können. Wir haben aber auch erkannt, dass wir uns zukünftig sehr stark in Richtung Nachwuchsarbeit ausrichten wollen. Wir freuen uns aktuell über jeden, der sich in schwierigen Zeiten auf Chorarbeit unter ganz wechselnden Bedingungen einlassen will und laden jeden Gesangsverrückten ein, sich uns anzuschließen“, so der neue Vorstand. Und auch die Partnerschaft mit dem Rheingauer Kinder- und Jugendchor und dem Jugendensemble will man weiter ausbauen und verstetigen. „Die Welt nach Corona wird wohl eine andere sein, aber für uns ist auch klar, dass es keine Welt ohne Chorgesang sein darf“, hält chorArt Rheingau fest.
Ein Bericht von Sabine Fladung vom 22.11.2020.
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