Ohne THW und Co. geht es nicht
21.12.2020
Wie lebenswichtig Hilfsorganisationen sind, lernen Henning Raßmann und Larissa Emami in Geisenheim.
Mit Flexibilität hat Albrecht Broemme Erfahrung: In mehr als einem Jahrzehnt als Präsident der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) hat er bereits manchen unkonventionellen Lösungsvorschlag erleben dürfen. Als einige THW-Mitarbeiter in einem Flüchtlingslager ohne Strom oder Wasserversorgung nach einer Möglichkeit suchten, die hungernden Bewohner mit warmen Mahlzeiten zu versorgen, kamen sie auf eine einfache, aber praktikable Idee: Sie füllten wie üblich einen Topf mit Reis und Wasser. Als spontanen Herdersatz kleideten sie einen Schuhkarton mit Alufolie aus, stellten den Topf in den Karton und ließen die Konstruktion für zwei Stunden in der Sonne stehen. Nach zwei Stunden war der Reis tatsächlich gar.
Vielleicht erklären Anekdoten wie diese, wieso Hilfsorganisationen wie das THW so überraschend gut auf die Corona-Krise vorbereitet waren. Schließlich ist die Krise für sie nicht die Ausnahme, sondern das alltägliche Geschäft. Hierdurch hatten sie einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Politik, die sich zu Beginn der Pandemie erst noch an den Gedanken einer wohlmöglich lebensgefährlichen Bedrohung gewöhnen musste.
Bundesfreiwilligendienst beim Ortsverband
Entsprechend dankbar zeigten sich Bundes- und Landesregierungen für die Hilfe von THW, DRK und Co: Ohne diese wäre die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Desinfektionsmitteln, Corona-Schnelltests und Schutzmasken wohl kaum möglich gewesen. Während es in der Politik zu Beginn der Krise vereinzelt an Handlungsbereitschaft und Plänen mangelte, stampfte das THW innerhalb von einem Monat ein komplettes Corona-Behandlungszentrum aus dem Boden. Normalerweise nimmt ein solcher Vorgang laut Broemme fünf Jahre in Anspruch – allerdings wird wohl keiner behaupten, dass die aktuelle Pandemie eine normale Situation sei.
Auch außerhalb der Corona-Bewältigung sind die THWler aktiv. Dies findet auf regionaler Ebene insbesondere in Ortsverbänden statt. Diese sind stets auf ehrenamtliche Hilfe angewiesen, um operieren zu können. Insoweit hat der Geisenheimer Ortsverein einen Glücksgriff erzielt, als sie mit Henning Raßmann (17) und Larissa Emami (19) gleich zwei Bundesfreiwilligendienstleistende („Bufdis“) für sich gewinnen konnte. Beide haben sich dazu entschlossen, nach ihrem diesjährigen Abitur nicht zu studieren oder zu reisen, sondern in ihrem Heimatort das Technische Hilfswerk zu unterstützen. Die Motivation hierfür war für Henning in erster Linie sein vorausgegangenes Engagement: „Tatsächlich war ich schon vor dem BFD beim THW tätig und habe den BFD als Orientierungs- und Überbrückungsjahr nach der Schule begonnen, nachdem man mir im Ortsverband davon erzählt hat.“ Mike Göttert der die beiden Bufdis betreut, freut sich über den Erfolg der Nachwuchsarbeit: „Beide sind bei uns groß geworden, schließlich haben wir bei den THW-Minis schon Sechsjährige.“ Das Bufdi-Programm selbst gebe es erst seit zwei Jahren.
Schade findet THW-Ehrenpräsident Broemme nur, dass gesellschaftliches Engagement im Sinne eines Bundesfreiwilligendienstes „nicht allzu hoch geschätzt zu werden scheint“. Die vermehrte Aufmerksamkeit, die der Einsatz von Henning und Larissa durch Corona hoffentlich erhält, ist wohl eine der wenigen positiven Auswirkungen der Pandemie.
Zum Hintergrund:
Anna Weimann ist 18 Jahre alt und lebt in Oestrich-Winkel. Nach ihrem Abitur an der Rheingauschule studiert sie Jura in Mannheim. Ihr Text ist entstanden im Nachgang zum 172. „jugend presse Kongress“ der „young leaders GmbH“ für Nachwuchsjournalisten in Potsdam. Für die Veranstaltung können sich engagierte Jugendliche aus ganz Deutschland bewerben. Beim Kongress erhalten sie die Möglichkeit, an journalistischen Workshops teilzunehmen, mit Führungskräften in Kontakt zu treten und sich untereinander zu vernetzen. Mit ihrem Text nimmt die Autorin an einem Journalisten-Wettbewerb teil.
Ein Bericht von Anna Weimann vom 21.12.2020.
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