Weingeflüster auf der rosa Couch

07.11.2024

Premiere der Studi-Weinprobe mit angehenden Weinfachleuten der Hochschule Geisenheim und Gastgeberin Katharina Höfling war ein voller Erfolg

Geisenheim. (sf) Die rosa Couch hatte sie von zu Hause mitgebracht und schon fühlte man sich auch wie bei ihr zum guten Gespräch im Wohnzimmer: Gastgeberin und Moderatorin Katharina Höfling empfing auf der Rheingauer Weinbühne in der Winkeler Brentanoscheune neun angehende Weinfachleute aus der Hochschule Geisenheim zu hochinteressanten Weinplaudereien auf der rosa Couch. Und das „Weingeflüster“ war kein bisschen trocken: nicht nur, dass die Studenten überaus lebhaft und sehr authentisch von ihrem Leben und Arbeiten an der Geisenheimer Hochschule berichteten, von den heimischen Weingütern in Südafrika, der Schweiz, in Baden, an der Mosel, dem Mittelrheintal und dem Rheingau. Alle hatte auch einen besonderen Wein mitgebracht, der dem Publikum ausgeschenkt wurde. Eine Weinprobe der ganz besonderen Art also, die den rund 60 Gästen in der Brentanoscheune spürbaren Spaß machte.

Studentisches Leben

Die Hochschule Geisenheim gilt als renommierte Ausbildungsstätte für alles, was mit Weinbau zu tun hat. Aber dem Außenstehenden bleibt sie ein „Mysterium“, wie die Moderatorin der erstmals durchgeführten Studi-Weinprobe vermutete. Katharina Höfling, selbst Absolventin der Hochschule mit zwei Abschlüssen, hatte neun Studierende auf ihre rosa Couch gebeten, die auf der Bühne der Brentanoscheune Platz für interessante Gespräche über das studentische Leben, die Gründe für den Besuch der Hochschule und die Zukunftspläne der jungen Menschen bot und damit einen Eindruck davon vermittelte, was die Studierenden um- und antreibt. Die Idee zu dem neuen Format hatte Wolfgang Junglas, der mit der Rheingauer Weinbühne nicht nur die Brentanoscheune als kulturellen Treffpunkt etabliert hat, sondern selbst auch an der Hochschule als Dozent tätig ist. So war es nicht schwergefallen, genügend Teilnehmer zu finden, die bereit waren, am vergangenen Sonntagabend auf der Couch Platz zu nehmen. Und es wurde nicht nur geplaudert, sondern auch probiert, denn alle hatten auch „ihren“ Wein mitgebracht, den es zu verkosten galt.

Den Anfang machte allerdings kein Wein, sondern ein Sekt vom Sekthaus Krack in Deidesheim, wo Katharina Höfling beschäftigt ist. Der Chardonnay brut nature wusste nicht nur durch seine Qualität zu überzeugen, sondern brachte die Geschmacksnerven gleich in die richtige Verfassung für die folgenden Weine, beginnend mit einem Spätburgunder Blanc de Noir vom Weingut Schlossmühle Dr. Höfer an der Nahe.

Vielfalt des Rieslings

Thomas Höfer war der erste Gast, der auf der Couch Platz nahm und von seinem Leben als Student und Spross einer seit vielen Generationen weinbautreibenden Familie berichtete. Trotz der Nähe zur Heimat zieht er es vor, wie übrigens alle Gesprächspartner des Abends, in Geisenheim zu wohnen. Nur so könne man die familiäre Atmosphäre an der vergleichsweisen kleinen Hochschule und das studentische Leben in vollem Umfang genießen, schließlich lebe das Studium viel vom Austausch außerhalb des Vorlesungsprogramms wie alle bestätigten.

Auch die beiden folgenden Gesprächspartner von Katharina Höfling stammen aus der näheren Umgebung. Ferdinand Mauritz kommt vom Weingut Domdechant Werner in Hochheim, Julius Wagenitz hätte gar ein Heimspiel gehabt, denn er kommt aus dem Weingut George in Geisenheim. Da er aber erkrankt war, vertrat ihn sein Vater Jürgen, Ex-Student aus dem Abschlussjahr 1987. Die Weine der beiden zeigten die Bandbreite des Rieslings im Rheingau, der Hochheimer von schweren Löß- und Muschelkalkböden mit viel Körper und Kraft, sein Gegenüber vom Rüdesheimer Berg Roseneck dagegen dem felsigen Untergrund entsprechend mineralisch und eher karg, mit feiner Frucht und kühler Eleganz. Auf ähnlichen Böden gewachsen, war der Wein, den Gero Schüler aus dem oberhalb von Bacharach gelegenen Steeg mitgebracht hatte, von gänzlich anderem Charakter. Schüler gehört zu den älteren Erstsemestern und hat bereits einige Jahre Berufserfahrung gesammelt, ehe er sich jetzt entschlossen hat, den Hochschulabschluss zu erwerben. Er ist Steillagenwinzer mit Leib und Seele und brennt für den Mittelrhein, wo immer mehr Rebflächen stillgelegt werden, sodass man seit kurzem die zweifelhafte Ehre hat, das kleinste deutsche Anbaugebiet zu sein. Was in den Steillagen möglich ist, zeigte sein Bacharacher Riesling feinherb, dem er den Namen „Steeger Esel - Saftiges Gras“ gegeben hat, in Anspielung auf die Esel, die in Steeg zur Weinbergbearbeitung eingesetzt wurden. Erfahrung hat Gero Schüler auch als Vorreiter auf ganz anderem Gebiet: er war erster Weinprinz der Region.

Internationalität

Nach so viel Information war es Zeit für eine Pause, in der sich die Besucher schon sehr angetan zeigten von dem, was ihnen geboten wurde. Es war nicht nur der Wein, sondern vor allem die erfrischenden Gespräche der jungen Leute, die die Zeit wie im Flug vergehen ließen. Auch Hochschulpräsident Hans Reiner Schultz und Gattin Wilma stellten zufrieden fest, wie gut sich „ihre“ Studenten präsentierten.

Nach der Pause stellte sich Paula Söhn vor, keine Unbekannte im Rheingau, war sie doch bis September Rheingauer Weinprinzessin. Sie betreibt mit ihrer Schwester ein kleines Nebenerwerbsweingut und arbeitet gerade an ihrem zweiten Abschluss in Getränketechnologie. Dem Bachelor soll bald der Master folgen. Mitgebracht hatte sie einen Silvaner, der in früheren Zeiten nicht nur in Lorchhausen als Massenträger eine wichtige wirtschaftliche Rolle spielte, heutzutage aber im Rheingau kaum mehr zu finden ist. „Meine Schwester und ich wollten zeigen, dass nicht nur Franken Silvaner kann“, erläuterte Paula Söhn ihre Intention.

Weiter den Rhein hinauf führte dann Daniel Bercher, der vom Kaiserstuhl stammt und einen Weißburgunder Ortswein dabeihatte. „Wir sind Burgunderland, deshalb war die Frage nur, ob Weiß- oder Grauburgunder. Da der Grauburgunder von der Säure her etwas niedriger liegt, habe ich gedacht, der Weißburgunder passt im Rheingau besser, wo man doch auch Säure erwartet“, erklärte er schmunzelnd seine Auswahl. Bemerkenswert, dass mit Daniel Bercher, dem Cousin von Moderatorin Katharina Höfling, schon der zweite Talkgast Wurzeln im Rheingau hat: seine Mutter stammt ebenso aus Hallgarten wie die Mutter von Thomas Höfer.

Eine interessante Melange fand dann statt: Tonia Obrecht aus dem schweizerischen Graubünden stellte den Wein ihrer Kommilitonin Katharina Petgen von der Mosel vor, die krankheitsbedingt nicht bei der Veranstaltung dabei sein konnte. Ursprünglich geplant war, dass auch ein Wein vom Weingut Obrecht Teil der Probe sein sollte, ein Vorhaben, das aber scheiterte – ob an der deutschen Bürokratie, die die zeitgerechte Einfuhr unmöglich machte oder an der Tatsache, dass die Schweizer ihren Wein gern selbst trinken und daher ohnehin nicht viel in den Export geben, blieb unklar.

Noch südlicher und erstmals rot ging es dann langsam auf das Ende zu: Miriam Plattner aus dem Bozener Stadtteil St. Magdalena hatte einen 2023 „Antheos“ St. Magdalener classico aus ihrer Heimat dabei. Dabei handelt es sich um eine traditionelle Vernatsch-Cuvée, die schon im gemischten Satz angebaut wird.
Wenn schon nicht der Student, so hatte doch der letzte Wein des Abends die mit Abstand weiteste Anreise. Die 2015-er „Grand Reserve“ des Weinguts Delheim in Stellenbosch kam aus Südafrika nach Winkel, Karl Thiel als Vertreter des Guts wohnt dagegen derzeit in einer WG in Geisenheim und studiert International Wine Business in einem der internationalen Studiengänge. Da die Familie deutsche Wurzeln hat und auch heute noch Kontakte nach Deutschland pflegt, überraschte Karl mit seinen guten Deutschkenntnissen. An dem vorgestellten Wein habe er noch nicht mitgewirkt, er sei damals erst 14 Jahre alt gewesen, inzwischen sei aber auch seine Meinung und Mitarbeit gefragt, wenn es um die Cuvetierung der Weine im elterlichen Gut gehe.

Mit der letzten Probe endete ein unterhaltsamer Abend, der von Katharina Höfling mit viel Schwung und Begeisterung für das Thema moderiert wurde. Sie verstand es, ihre Gäste in ungezwungenen Gesprächen und einer humorvollen „Schnell-Rate-Runde“ durch den Abend zu führen, dem Publikum dabei eine ganze Menge an neuem Wissen zu vermitteln und damit auch Wolfgang Junglas zu bestätigen, dass dessen Idee eingeschlagen hat. „Ich habe eine Bitte“, äußerte eine Dame aus dem Publikum, „bitte wiederholen Sie eine solche Veranstaltung unbedingt. Es hat uns solchen Spaß gemacht.

Ein Bericht von Sabine Fladung vom 07.11.2024.

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