Nathan der Weise und seine drei Pferde

17.11.2024

Improvisationstheater „Gude Leude“ gastierte mit großem Erfolg zum ersten Mal in der Brentanoscheune

Winkel. (sf) Haben Sie Nathan, der Weise gelesen? Die Gäste in der Brentanoscheune auf jeden Fall kannten alle den Klassiker aus der Schulzeit und jedem war klar: Nathan war doch der mit den drei Pferden, die er so liebte und für die er nicht genug Futter hatte – in dieser ganz besonderen Abhandlung wurde nämlich das Theaterstück von Gotthold Ephraim Lessing auf der Rheingauer Weinbühne vom Ensemble des Improvisationstheater „Gude Leude“ in Kurzfassung aufgeführt und sorgte dafür, dass die Lachtränen nur so flossen.

„Ich kriege manchmal selbst einen Lachanfall neben an der Bühne, weil ich nicht fassen kann, was die anderen da machen“, verrät die Kölner Schauspielerin Leonie Houber schmunzelnd, die als „Pferd“ sogar mit dem Schwanz wackelte. Als Teil der Comedy- und Improvisationsgruppe „Gude Leude“ halte jeder Auftritt immer wieder die kuriosesten Überraschungen bereit. Im Impro-Theater „Springmaus“ von Comedy-Urgestein Bill Mockridge lernte Houber ihre Kollegen Nils Kretschmer und Tobi Hebbelmann und den aus Hallgarten stammenden Christoph Bahr kennen. Seit letztem Jahr sind sie als eigene Truppe unterwegs und jetzt zum zweiten Mal im Rheingau, erstmals in der Brentanoscheune. Vor allem der aus Hallgarten stammende Christoph Bahr freute sich sehr, mit seiner Truppe im Rheingau aufzutreten. Erfolgreich war er hier schon bei Auftritten im Weingut seiner einstigenSchulkameradin Michaela Eser in Oestrich.

Bahr berichtete, dass er nach dem Abi 2004 und dem Zivildienst zunächst an der Universität Passau European Studies absolvierte und danach an der Universität Mainz seinen Magister in Amerikanistik und den Sprachen Nordeuropas und des Baltikums gemacht hatte. Es folgte ein Studium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main und schließlich 2013 ein dreijähriges Engagement an der Burghofbühne Dinslaken. Von 2016 bis 2019 war Bahr am rheinischen Landestheater Neuss schauspielerisch tätig und seit 2021 ist er Ensemblemitglied des „Springmaus Improvisationstheater". Dann hatte sich sein großer Wunsch erfüllt: seit einem Jahr ist er mit der eigenen Truppe als Improvisationstheater-Ensemble „Gude Leude“ auf der Bühne. Auf der Rheingauer Weinbühnewurde dann ganz schnell klar, dass der ehemalige Hallgartener und seine „Gude Leude“ genau richtig lagen und die Lachtränen reichlich fließen ließen!

Das Publikum durfte vor der Aufführung Kategorien auf eine Karteikarte schreiben. „Die werfen die Besucher dann in eine Kiste und zu Beginn des Abends ziehen wir daraus unsere Charaktere und die treffen dann in verschiedenen Szenen aufeinander“, erklärte ChristophBahr. In einem lockeren Rahmen bekamen die unterschiedlichsten fiktiven Personen und Dinge eine Bühne, so wurde Leonie Houber auch zu einer sehr schief singenden Supermarkt-Kundin und ihr noch schrecklicher singender Kollege bekam seinen Einkauf sogar geschenkt, damit er möglich schnell aufhörte,seine Einkaufsliste vorzusingen. Immer wieder ergabenneue Karteikarten und neue Stichworte andere Konstellationen und unerwartete Wendungen zum gleichen Thema. Die Varianten waren vielfältig, spontan und tierisch komisch bei der „Impro-Show“ der „GudenLeude“. Der Abend hat die Grundbotschaft „Wir sind alle Gude Leude“. Wir wollen Geschichten erzählen, die aus dem Leben gegriffen sind“, erklärt das Ensemble.

Und das taten die vier Schauspieler: sie präsentierten inder Winkeler Brentanoscheune Improvisationstheatervom Feinsten, lebendig und mit ungeheurer Spielfreude. Eine „Welturaufführung" jagte die nächste und nach den Vorgaben der Zuschauer ließen die Schauspieler Geschichten aus dem Nichts entstehen. So brachten sie Szenen mit Publikums-Wörtern wieFußballmaskottchenbetreuer als „Beruf“, Quietsche-Entchen, Piccadilly Circus oder Nostalgie auf die Bühne. Die Szenen waren noch nie zuvor auf der Bühne zu sehen und werden sicherlich auch so nie wieder zu sehen sein. Mit viel Situationskomik und hervorragendgesungenen Liedern brachten die hochmotivierten Darsteller jeden im Saal zum Lachen. Das vierköpfige Ensemble des Improtheaters konzentrierte sich dabei immer auf das Wesentliche: viele emotionale, rührende, fröhliche, auf jeden Fall aber immer neue und spritzige Szenen entstanden hier aus dem Stegreif.

Die Umsetzung der Publikumszettel erfolgte in verschiedenen „Universen", so wurden Szenen als Märchen, Oper oder Heavy Metal singend, auf dem rechten Bein hüpfend, in völliger Dunkelheit oder in völliger Stille gespielt. Von Spagat bis Rolle rückwärtswar alles dabei. Durch die lebensfrohe Spiellaune des Ensembles und den herzlichen Kontakt zwischen Publikum und Akteuren wurden immer wieder unverwechselbare und einzigartige Szenen geschaffen. Die Schauspieler, denen nichts zu abwegig war, um es nicht doch noch auf der Bühne darstellen zu können, machten ihren Auftritt im Rheingau zu einem vollen Erfolg. Das besondere Spontan-Vergnügen war einfach wundervoll, denn Christoph Bahr, Leonie Houber, Nils Kretschmer und Tobi Hebbelmann verstanden bestens, ihr Publikum einfühlsam in den Bann ihrer Szenen einzubinden.

Ein Bericht von Sabine Fladung vom 17.11.2024.

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