Mord und Moor-Monster in Winkel

08.12.2024

Knisternde Spannung und schaurig-schöne Atmosphäre mit Sherlock Holmes und Dr. Watson live beim hr2 HörSpiel-Krimi

Winkel. (sf) Nebelschwaden zogen durch die Halle und ließen die Wände fast lebendig werden, Donner hallte und Blitze zuckten bis zur Decke – Schritte waren zu hören und dann ein Schrei: ein Spektakel für Augen und Ohren, das die Zuschauer faszinierte, bot das Team vom hr2 Live-Theater mit seinem Hörspiel-Krimi „Sherlock Holmes und der Hund von Dartmoor“ im Vereinsheim des Showorchesters Rheingau-Mitte. Adi Seitz mit seiner Veranstaltungsagentur „Kultur für Kurze und Lange“ war es gelungen, das Ensemble nach seinem erfolgreichen Gastspiel mit „Der Hexer“ vor zwei Jahren noch einmal nach Winkel zu holen und auch diesmal zog das hr2 Team mit seinem Live-Hörspiel-Krimi von Sherlock Holmes das begeisterte Publikum völlig in seinen Bann: schaurig grünes Licht, ein Monsterhund naht, der Wind pfeift, irgendwo weint eine Frau und Schüsse fallen. Horrorszenario pur und mittendrin live und in Farbe Sherlock Holmes und Dr. Watson. Der berühmteste Detektiv der Welt ermittelte an diesem Abend vor ausverkauftem Saal und löste seinen wohl berühmtesten Fall: „Der Hund aus Dartmoor“. Die Spannung im Saal war förmlich greifbar, als der riesige Hund im Moor auf sein Opfer zulief, die Gänsehaut spürbar. Und genau so soll es ja auch sein, wenn das hr2-Radio-Live-Theater seine Bearbeitung des legendären Falles zum Besten gibt. Der Live-Hörspiel-Krimi des „RadioLiveTheaters“ war der Hit für Krimifans und „Kassettenkinder“, die diesen besonderen Krimi-Event dank des Kulturspezialisten Adi Seitz erleben konnten. Die Gäste waren begeistert von dem Ensemble, das schon seit Jahren mit seinen Hörspielinszenierungen tourt. Im Staatstheater Wiesbaden hatte Adolf Seitz, der im Programm „Kultur für Kurze und Lange“ immer wieder nach besonderen Events sucht, eine solche Krimiermittlung erlebt und war angetan. „Das muss ich in den Rheingau holen“, sagte er sich und wurde bei dem Ensemble um die beiden Regisseure und Texter Wolfgang Vater und Klaus Krückemeyer vorstellig. Beide signalisierten sofort ihre Bereitschaft, in Winkel aufzutreten. Jetzt kam das Ensemble wieder und stellte sein Stück „Der Hund von Dartmoor“ vor: Ganz klassisch begann die Causa nach Sir Arthur Conan Doyle mit dem vergessenen Spazierstock im Haus 221b Baker Street. Der von Wolfgang Vater ein wenig tapsig, aber immer aufgeräumt gespielte Watson wollte sein Können unter Beweis stellen und analysierte die Historie des Stockes und seines Besitzers. Aber natürlich blieb er ohne Chance gegen das Superhirn Sherlock Holmes, das Klaus Krückemeyer mit Wonne in karierter Kappe, mit Teetasse, Lupe und Pfeife spielte: Seine Analyse, wem die Gehhilfe gehören könnte, war punktgenau richtig, wie der in der Baker Street besorgt eintreffende Besitzer dann bestätigte. Das gute Stück gehörte nämlich Dr. James Mortimer, dem der plötzliche Tod von Sir Charles Baskerville sonderbar vorkam und der die Detektive nach Nordengland einlud. Die Horrorgeschichte nahm ihren Lauf und auch das Publikum versank tief im Dartmoor.

infach: Nur zwei Tische waren auf der Bühne zu sehen, rechts und links eingefasst von schaurigen Menschenschädeln und einer Apothekerflasche mit giftigem Inhalt, dem Türschild der Baker Street und dem unvermeidlichen Teegeschirr. Die technischen Hilfsmittel für die Geräuschkulisse und Lichteffekte der Geschichte gerieten dabei in den Hintergrund. Die fünf Herren und eine Dame erzählten dann die spukreiche Mordgeschichte, bei der ein Familienfluch rund um ein Moormonster den Angelpunkt bildet. Axel Senn hatte sein eigenes Tischchen als Nebenpodest, wo er mit Stethoskop und Kittel verkleidet mal den zerstreuten Arzt, nachher aber auch den gescheiterten Lehrer Stapleton gab. Füße und Hände waren bei Senn stets in Bewegung, denn er ist der Geräuschemacher für beispielsweise Schritte auf der Treppe, knarrende Türen, klappernde Pferdehufe und quatschiges Tappen durch den Morast. Für den schaurig-schönen Soundtrack mit Melodien aus Krimiverfilmungen oder atmosphärischer Bühnenmusik sorgt der Rheingauer Musiklehrer Michael Bibo, der auch mal als Butler und mal als miesepetriger Nachbar die Figuren von John Barrymore und Arthur Frankland mitspielte. Tina Wurster trug ein kleidsames Gründerzeitgewand. Mit sanftem Säuseln war sie Beryl Stapleton, und mit Haube und Schürze die vergrämte Schlossangestellte. Johan Helmer Hein war durchgehend der jugendlich schnuckelige Held und Schlosserbe Sir Henry Baskerville, musste aber auch bei dem Vogelgezwitscher ein rotierendes Kleingerät bedienen, was immer wieder Gekicher bei den Zuschauern auslöste. Das ist Absicht, denn diese Minimalausgabe des Kultkrimis, die rund 70 Minuten dauerte, spielte liebevoll ironisch mit dem Klischee der viktorianischen „Baker Street Boys“. Nostalgie pur erlebten die begeisterten Gäste also und wähnten sich mittendrin in den alten, immer noch heißgeliebten Sherlock-Holmes-Kinostreifen. Denn der Live-Hörspiel-Krimi des „RadioLiveTheaters“ bot neben Musik, witzigen, schaurigen und kuriosen Geräuschen, Sprechern in passenden, liebevoll bis ins Detail ausgesuchten Kostümen auch ganz schön viele Leichen. Und ganz vorne mit dabei als Musiker und Komponist der passenden Musik war auch wieder der Rheingauer Lehrer Michael Bibo. Der beliebte Musiklehrer an der Rheingauschule erhielt früh eine umfassende musikalische Ausbildung. Seit seinem sechsten Lebensjahr erlernte er verschiedene Instrumente wie Klavier, Gitarre, Bass und Schlagzeug. Später studierte er die Fächer Klavier, Saxophon, Komposition und Musikwissenschaft an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Während dieser Zeit arbeitete er als Musikberater und Sound Designer für das ZDF, 3sat und den Kinderkanal. Heute komponiert er Filmmusiken, Lieder und Werbejingles für diverse Fernsehsender und Firmen. Sein Soundtrack zu dem Film "La vie et la passion de Jesus-Christ" wurde 2006 beim Internationalen Filmfest Bozen für den Musikpreis nominiert. Darüber hinaus tritt Michael Bibo auch als Live-Musiker auf und entwickelt "Live-Soundtracks" für Theateraufführungen. Beim hr arbeitete er als Audio-Producer und Techniker. Beim Sherlock Holmes-Gastspiel in Winkel hatte er natürlich ein echtes Heimspiel.

Das Publikum hatte spürbaren Spaß daran, das Dartmoor-Monster anhand von Dialogen, Geräuschen und Musik zu entlarven. Gespannt lauschten die Gäste ganz genau der stimmungsvollen Mischung aus Theaterinszenierung und Hörspiel. Der Truppe gelang es wirklich prächtig, mit Liebe zum Detail richtige Gruselstimmung zu verbreiten und so kam sprichwörtlich knisternde Stimmung auf, wenn Axel Senn Klarsichtfolie zwischen den Händen rieb und mit flachen Blechen ein richtiges Gewitterdonnern erzeugte. Gleichzeitig bekam man so auch hochinteressante Einblicke in das Entstehen eines Hörspiels und ein Krimierlebnis mit Gänsehaut-Feeling auf der Bühne.

Ein Bericht von Sabine Fladung vom 08.12.2024.

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