Vom Einfachen das Beste
11.03.2025

Franz Keller kehrte beim Gourmet und Wein Festival zurück in die Küche des Kronenschlösschens und verwöhnte mit Max Strohe die Gäste/Fest der Emotionen

Hattenheim. (sf) Es war für alle etwas ganz Besonderes und nicht zuletzt für den Hauptakteur Franz Keller: anlässlich des diesjährigen Gourmet und Wein Festival kehrte der legendäre Küchenchef zurück an den Herd, an dem er den Rheingau lieben gelernt hat. In der Küche des Kronenschlösschens kochte Franz Keller zusammen mit seinem guten Freund Max Strohe aus Berlin am vergangenen Donnerstag einen Lunch mit sechs Gängen, die sein Credo „Vom Einfachen das Beste“ kulinarisch in Szene setzte. Dazu gab es wundervolle Weine aus dem Rheingau, aus dem südlichen Südtirol, Württemberg und der Mosel, die von den Winzern mit viel Herzblut persönlich an ihrem einstigen Studienort im Rheingau vorgestellt wurden. Und es waren längst nicht nur die Gourmetfreuden, die an diesem Nachmittag für Furore sorgten, sondern auch die Emotionen, freundschaftlichen Bande und kostbaren Erinnerungen, die gemeinsam gefeiert wurden.
Franz Keller
Und die gab es in Hülle und Fülle: mit dem Festivallunch kehrte Franz Keller nämlich zurück an den Ort, der einst seine erste Station im Rheingau war. „Ich kann mich noch genau an den 40. Geburtstag von Franz Keller erinnern, den wir mit vielen Freunden von ihm im Bistro des Kronenschlösschens bis in den Morgen hinein feierten!“, so eine Rheingauerin am Tisch beim Lunch am Donnerstag. Keller, Jahrgang 1950, wuchs als Sohn von Franz Keller Senior in der bekannten Winzer- und Gastronomenfamilie in Oberbergen am Kaiserstuhl auf. Seine Mutter Irma wurde im Schwarzen Adler ab 1969 als erste Köchin in Deutschland mit einem Michelinstern ausgezeichnet. Sein jüngerer Bruder ist der Winzer, Gastronom und ehemalige DFB-Präsident Fritz Keller. Nach der Ausbildung bei Hans Beck auf der „Zähringer Burg“ in Freiburg ging er nach Frankreich zu Jean Ducloux in Tournus, zu Paul Lacombe in Lyon, kochte 18 Monate bei Paul Bocuse in Lyon und neun Monate bei Michel Guérard in Paris. 1973 kehrte Keller auf Wunsch des Vaters in den elterlichen Gasthof „Schwarzer Adler“ nach Oberbergen zurück. 1975 kam zum ersten Michelinstern der zweite hinzu. Doch die Zusammenarbeit mit dem Vater war schwierig und so verließ Franz Keller den „Schwarzen Adler“ und ging auf der Suche nach seinem eigenen Weg nach Italien und kochte bei Gualtiero Marchesi in Mailand und bei Ricardo Lurasci im Restaurante „Querce“ in Cantù nahe dem Comer See. Hier habe er sich auch von der Strenge und Schwere der französischen Küche befreit. 1979 eröffnete er „Franz Kellers Restaurant“ in Köln, das wiederum mit einem Michelinstern ausgezeichnet wurde. Gleichzeitig führte er die „Tomate“ in Köln, ein kleines Lokal für junge Leute mit moderaten Preisen. 1988 warb ihn das Schlosshotel Bühlerhöhe für ein Gehalt von knapp einer halben Million DM im Jahr als Gastronomiedirektor an. Das Restaurant wurde nach 18 Monaten mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. 1990 wechselte er ins Kronenschlösschen nach Hattenheim im Rheingau, wo ihm wieder ein Michelin-Stern verliehen wurde. Drei Jahre später verabschiedete sich Keller bewusst von der Welt der Michelinsterne und eröffnete ein Restaurant mit regionaler deutscher Küche, die „Adler Wirtschaft“ in Hattenheim, nur wenige Schritte von der vormaligen Wirkungsstätte „Kronenschlösschen“ entfernt. Hier lebte er sein Credo „Vom Einfachen das Beste“ aus. Denn beim Thema „Essen“ gib es für Franz Keller keine Kompromisse, gleichgültig, ob es sich um Gemüse, Fleisch, Fisch oder Kräuter handelt: Essen in all seiner Vielfalt soll puristisch, ohne Ablenkung durch Dekoration oder Effekthascherei, zum Genuss führen. Und hier bewirtete er auch schon so illustre Gäste wie Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wladimir Putin. 2013 übernahm sein gleichnamiger Sohn die Gastronomie in Hattenheim, Franz Keller ist bis heute aber weiter Mitinhaber der „Adler Wirtschaft“. Seine große Liebe ist heute der Öko-Bauernhof „Falkenhof“ über dem Wispertal, der hochwertiges Fleisch an die Adler-Wirtschaft liefert. Auf den grünen Weiden und mit natürlichem Futter hat er hier seine eigene Tierzucht gestartet. Auf 14 Hektar hält Keller Kaninchen, Schweine und Rinder artgerecht. „Wir müssen die Tiere ehren, die uns ernähren“, sagt Keller, der mit seinem Falkenhof der zunehmend schlechten Qualität von Lebensmitteln in Deutschland mit seiner Überzeugung entgegentritt. Die Achtung vor der Kreatur steht für ihn im Vordergrund. Das bekennt er auch in seinem 2018 erschienenen autobiografischen Buch „Vom Einfachen das Beste“, das zum Bestseller wurde.
„Ich freue mich so sehr, dass Franz endlich mal beim Festival vertreten ist!“, erklärte Hausherrin Johanna Ullrich, die Franz Keller von Kindheit an kennt und ein Bild präsentierte, auf dem Franz Keller sie als Baby auf dem Schoß hat. Und dass Franz Keller seinen guten Freund Max Strohe mitgebracht hatte, war ebenfalls eine besondere Freude: „Auch er war schon so lange ein Wunsch-Kandidat für unser Festival, es ist eine ganz große Ehre, mit zwei so großartigen Küchenchefs heute am Start!“.

Max Strohe
Der aus „Kitchen Impossible“ und anderen Formaten bekannte Fernsehkoch Strohe begann seine Ausbildung in der Wendelinusstube in Sinzig-Koisdorf, schloss sie aber im Hotel-Restaurant Hohenzollern in Bad Neuenahr-Ahrweiler ab. Nach Abschluss der Lehre arbeitete er als Koch in einem Seniorenheim, dann ein Jahr lang in einem Hotel auf Kreta. Seit 2007 ist Strohe in Berlin tätig, bis zur Gründung seines eigenen Restaurants in den Küchen der Restaurants „The Grand“, „Frau Mittenmang“ und „Parkstern“. 2015 eröffnete er gemeinsam mit Ilona Scholl in Berlin das Lokal „tulus lotrek“, 2016 wurde er zum „Aufsteiger des Jahres“ gekürt wurde. 2017 wurde dem Restaurant ein Michelin-Stern verliehen. 2021 erhielten Strohe und Scholl die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreicht.
Beim Gourmet und Wein Festival servierten Keller und Strohe sechs Gänge, die es in sich hatten. Den Anfang machte ein Amuse Bouche „Vom Einfachen das Beste“ mit Schinken und Leberpate vom Falkenhof, Blutwurst und Apfelmus und Tomate. Franz Keller hatte außerdem einen Saucisson de Lyon vom Falkenhof und Linsen serviert und einen Pot au Feu von der Rinderfiletkette. Auch das Dessert kam von Franz Keller und war nichts anderes als seine legendäre Gänselebertrüffel an Auslesegelee. Max Strohe bereitete für die Gäste eine Lachsforelle und Kalbskopf in Algenbuttersauce und Schmorgurke und eine Rote Garnele, Cochujang, Koshihikari und Bouillabaisse zu.

Die Winzer
Dazu gab es wundervolle, passende Weine von den Südtiroler Weingütern Gumphof und Castelfeder, vom Weingut Schnaitmann aus Württemberg, vom Weingut Sorentberg von der Mosel und vom Weingut Spreitzer aus dem Rheingau. Zum Aperitif präsentierte Bernd Spreitzer einen 2021er Josef Spreitzer Riesling Sekt brut, Markus Prackwieser vom Weingut Gumphof zeigt Praesulis Sauvignon Blanc 2023 und Vernatsch Mediaevum 2023. Ivan Giovanett vom Weingut Castelfeder präsentierte 2021 Pinot Bianco Riserva Tecum, 2021 Chardonnay Riserva Burgum Novum und 2021 Pinot Nero Riserva Burgum Novum. Rainer Schnaitmann vom Weingut Schnaitmann hatte einen 2023er Trollinger Alte Reben, einen 2023er Réserve Sauvignon blanc und einen 2022 Lämmler Lemberger GG mitgebracht. Besonders interessant waren auch die beiden Weine „Von 1000 Alten Reben“ 2020 feinherb und 2018 Riesling Auslese von Weingut Sorentberg an der Mosel, die zur Bouillabaisse serviert wurden. Nicht nur, dass die restsüßen Weine sehr gut passten, die Geschichte zu dem Weingut war sehr bemerkenswert: die beiden Absolventen der Hochschule Geisenheim, Tobias Treis aus Reil an der Mosel und Ivan Giovanetti aus Neumarkt in Südtirol haben gemeinsam die fast vergessene Einzellage Reiler Sorentberg nach 25 Jahren Brache rekultiviert. „Der steile Südhang liegt in einem Seitental an der Mosel und ist bekannt für seine langlebigen Weine. Der rote Wissenbach-Schiefer findet sich ausschließlich dort wieder und gibt diesem Riesling seine markante Würze. Der Sorentberg ist mit seiner Gesamtfläche von 9,48 Hektar einzigartig. Sein Terroir ist ein Zusammenspiel vieler Faktoren, die ein bemerkenswertes Ganzes ergeben: 100 Prozent Südhang, extreme Steigung mit einer mittleren Neigung von 80 bis 110 Prozent, kühles Klima, da der Berg in einem gut durchlüfteten Seitental an der Mosel liegt, ein einzigartiger Bodentyp, der sogenannte Wissenbach-Schiefer, Rotschiefer mit Muscheleinschlüssen, den es an der gesamten Mosel kein zweites Mal gibt!“, informierte Tobias Treis. Im Laufe der Rekultivierungsarbeiten am Reiler Sorentberg habe man im oberen, extrem steilen Teil des Weinbergs knapp 1000 verwilderte alte Reben entdeckt: „Nachdem sie über 25 Jahre lang brach lagen, konnten sie nun mit mühsamer Handarbeit wiederhergestellt werden: Jeder einzelne wurzelechte Riesling-Rebstock wurde von wuchernden Dornenbüschen befreit und neu aufgezogen. Fast alle alten Reben sind im Mai 2012 erfolgreich ausgetrieben. Trotz aufwendiger Nachforschungen konnte das exakte Pflanzjahr bis dato noch nicht genau ermittelt werden.“, so die Winzer. Gekrönt wurde der Lunch von einem 2018 Lenchen Eiserberg Spätlese 303 aus dem Weingut Spreitzer, den Bernd Spreitzer ebenfalls mit einer eindrucksvollen Geschichte von seinem Großvater, der einst eine Auslese mit 303 Grad Oechsle erntete, gerecht wurde.

Emotionen
Viele wundervolle Anekdoten rund um den Lunch gab es auch von Moderatorin Astrid Löwenberg, denn die Sommelière der IHK München ist seit zwölf Jahren die Lebensgefährtin von Franz Keller und verriet auch das eine oder andere Mysterium aus dem Alltag des Küchenchefs. Interessante Hintergrundinformationen rund um die edlen Weine im Glas gab es selbstverständlich obendrauf.
Damit der Emotionen und Historien aber noch nicht genug, hatte es gleich zu Beginn des Nachmittages eine weitere Besonderheit gegeben: begrüßt wurden die Gäste nämlich diesmal von der Rüdesheimer Winzerin Theresa Breuer in Vertretung für ihre Freundin, Hausherrin Johanna Ullrich. Ihre Freundschaft gründet sich bereits auf die enge Freundschaft der Väter, denn Bernhard Breuer, der leider sehr früh verstarb, war nicht nur einst Johanna Ullrichs Vater Hans Burkhard Ullrich sehr zugetan. Die beiden sind auch die Ideengeber und Begründer des heute weltweit bekannten Rheingau Gourmet und Wein Festivals, wie Theresa Breuer den Gästen erläuterte.
Ein Bericht von Sabine FLadung vom 11.03.2025.
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