Sternenhimmel über Deutschland

07.01.2008

Noch nie gab es so viele Drei- und Zwei-Sterne-Köche in einem Land außerhalb Frankreichs. Offenbar wurde aber auch in Wiesbaden und im Rheingau nie zuvor so gut gekocht, denn gleich mehrere Restaurants in der Umgebung erhielten einen neuen Stern. Ein wenig stolz darf man da schon sein, findet Dirk Becker.

"Die Entwicklung dieses Jahr ist außergewöhnlich", erklärt ie Chefredakteurin des deutschen Guide Michelin, Juliane aspar, die dieses Jahr neun Restaurants mit drei Sternen ewertet. Damit zieht Deutschland selbst an den Feinschmeckernationen talien und Spanien vorbei. Doch während er Guide Michelin die Individualität der Köche lobt, bei enen kein festgefahrener Stil auszumachen sei, und die eutsche Küche insgesamt "von klassisch bis sehr modern auf höchstem Niveau" einordnet, beklagen die Tester des Gault Millau "landplagenartige Modetorheiten". Dort heißt es: "In Deutschland gibt es zu wenig Kochkünstler, die einen eigenen Stil entwickeln und sich in einer Welt, die immer mehr ins Uniforme und Banale verfällt, von ihren Kollegen unterscheiden und uns Restaurantgäste mit einem weiten Fächer von Aromen spannende Abwechslung zu wedeln." Da irritiert es selbst den wohlwollenden Leser, wenn beispielsweise Juan Amador in Langen einerseits vom Guide Michelin die Höchstnote von drei Sternen erhält, während dieselben Tester vom Gault Millau nun schreiben: "Immer originell sein zu müssen, ist sicher ebenso Belastung wie Herausforderung für einen Koch, von dem höchstes Niveau erwartet wird. Wir haben aber das Gefühl, dass die Küche das Entertainment der Gäste zu stark in den Mittelpunkt stellt. Bei den Tapas und Snacks, wie die zahlreichen Appetithäppchen hier genannt werden, fühlen wir uns eher wie bei einem Kindergeburtstag. [] Auch der rauchend am Tisch mit Stickstoff zubereitete Gin Tonic kommt aus der Spielzeugkiste ..." - Vielleicht wissen die Tester vom Gault Millau selbst noch nicht so genau, was sie wollen. Für die Zukunft im Allgemeinen finden sich jedoch ein paar Zeilen: "Das Überbemühte in Küche, Service und Ambiente ist nicht mehr gefragt, die Wertschätzung für das Formelle wird schwinden, im Gebaren der Restaurants wie im Auftritt der Gäste. Zulauf haben die gastlichen Stätten, in denen nichts zelebriert, nichts künstlich aufgebrezelt wird, sondern eine selbstbewusste Lässigkeit herrscht, in der Küche und Service nicht auftrumpfen, um sich zu beweisen." Besonders hübsch formuliert ist der Satz: "Der neue Stil ist relaxt, die Selbstdarstellung folgt dem Motto: tiefer hängen."

Nein, das wollen wir nicht ganz. vivat freut sich zwar bestimmt über eine entspannte Atmosphäre, das "tiefer hängen" überlassen wir aber gerne den HipHopern der Szene. Wir freuen uns vielmehr über all jene, die hoch hinaus wollen und denen es auch gelingt. Offenbar sind es wieder recht viele Youngsters, die heute beweisen, dass die Kochkunst im Rheingau und in Hessen weit vorn mitmischt: Beginnend mit dem westlichen vivat-Gebiet ist dies auf der Burg Schwarzenstein Sven Messerschmidt (ein Stern/17 Punkte), seit Januar 2007 am Herd des Gourmetrestaurants, den auch der Gault Millau voller Respekt wie folgt beschreibt: "In der Klassik verwurzelt, versteht er es, eigene und teils überraschende Akzente zu setzen, ohne dabei in irgendeiner Form bemüht und angestrengt zu wirken." - Chapeau! (Wer eine Kostprobe haben möchte, sollte die GourmetWoche im Februar 2008 nicht verpassen.) In Langen kocht Juan Amador: drei Sterne und 17 Punkte. Im Tasca von Wiesbaden wiederum Amador zusammen mit Jörg Hofmann und Matthias Apelt: ein Stern. Ebenfalls in Wiesbaden: Michael Kammermeier in der Ente des Naussauer Hofs: ein Stern, 17 Punkte. And last but not least: Im Romantikhotel Zum Stern in Bad Hersfeld ist es der ehemalige Rheingauer Benedikt Faust: (ein Stern und 16 Punkte), dem wir herzlich gratulieren!

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