Udo Grün
27.08.2015
Mit sozialem Engagement fit bleiben
Der ehemalige Bürgermeister Udo Grün hat große Freude an seinen zahlreichen Ehrenämtern im Rentenalter
Rheingau. (sf) "Mama, guck mal, da ist der Vorleseopa", das kleine Mädchen freut sich riesig, als sie im Supermarkt in Rüdesheim den ehemaligen Bürgermeister Udo Grün sieht und läuft fröhlich auf ihn zu, um ihn herzlich zu begrüßen.
"Warum hast Du denn eine blaue Schürze an?", will sie wissen und Udo Grün erklärt ihr, dass er für die Rheingauer-Caritas-Tische und Menschen, die nicht so viel Geld haben, um sich genügend zu Essen kaufen, hier im Supermarkt Obst, Gemüse und weitere Lebensmittel abholt. Das finden die Kleine und ihre Mutter toll. Und nicht nur die: gleich in acht Ehrenämtern engagiert sich Udo Grün, seit er 2008 das Rüdesheimer Rathaus verlies und in den Ruhestand ging. Schon bei seiner Verabschiedung zum 1. Februar vor sieben Jahren hatte der langjährige Bürgermeister angekündigt, dass er nicht die Hände in den Schoss legen wolle und sich aktiv im sozialen Bereich betätigen werde. "Mir hat später mal jemand gesagt, dass er ehrlich dachte, das sei vielleicht auch wieder nur so ein "politisches Versprechen" und er sei sehr beeindruckt, wie ich diese Ankündigung umgesetzt habe", erinnert sich Udo Grün. Er sei nicht der Typ, der nur zu Hause rumsitzt und Fernsehen guckt. Das Miteinander habe ihm nicht nur beruflich viel Spaß gemacht, auch seine Ehrenämter würden ihm viel bringen: "Ich habe Aufgaben, ich habe mit Menschen zu tun, ich pflege soziale Kontakte mit vier Generationen und ich kann anderen helfen. Das hält mich nicht nur geistig und körperlich fit, das gibt mir auch unglaublich viel Lebensfreude".
Das zeigt sich dann auch einen Tag später, als Udo Grün im Kindergarten i-Pünktchen in Rüdesheim den vierjährigen Nora, Max, Tessa und Mare und dem dreijährigen Benicia aus der Mäusegruppe vom Hasen Hoppel und seinen vielen Freunden vorliest. Dicht gedrängt stehen die Kleinen um den Vorleseopa rum und gucken mit ihm im Buch den Regenwurm, den Maulwurf und den Schmetterling an. Wie viel Spaß die Kleinen und vor allem auch Udo Grün haben, ist förmlich zu spüren. "Es ist so leicht, sich zu engagieren. Hier genügt einfach nur Vorlesen", sagt Udo Grün. Er liest nicht nur einmal im Monat im Kindergarten i-Pünktchen, sondern auch regelmäßig im Kindergarten St. Petronilla in Aulhausen und in der Kita Arche Noah in Presberg. Die oft anspruchsvollen Bücher legen ihm die Erzieherinnen immer schon bereit und während dem Vorlesen seien die Kinder immer sehr aufmerksam und mit Feuereifer bei der Sache, wenn man zwischendrin gemeinsam die Bilder betrachtet. "Mit einem Lächeln auf den Lippen gehe ich aus diesen Vorlesestunden nach Hause", sagt Udo Grün.
Sein zweites großes Ehrenamt, das ihm ein gutes Gefühl gibt, weil er direkt vor der eigenen Haustür bedürftigen Menschen helfen kann, ist der Transportdienst für die Rheingauer-Caritas-Tische. Gemeinsam mit Teamleiter Johannes Hinse und Gerhard Tscharn bildet er jeden Freitag das Team, das alle Supermärkte in Rüdesheim, Oestrich-Winkel und Geisenheim abfährt und dort Obst, Gemüse, Milchprodukte mit fast abgelaufenem Haltbarkeitsdatum, Brot und vieles mehr abholt. "Wir fangen so um 11.30 Uhr an, bis dahin haben die Supermarkt-Mitarbeiter alles aussortiert, was über das Wochenende weg muss. Dann klappern wir alle "unsere" Märkte ab und liefern um 13 Uhr die Waren den Damen von den Caritas Tischen ins Kühlhaus im Geisenheimer Marienheim. Auch hier wird noch mal sortiert und wenn größere Mengen sehr verderblicher Ware dabei sind, wie Erdbeeren oder Bananen, fahren wir diese noch ins Thomas Morus-Haus nach Assmannshausen oder in die Abtei St. Hildegard, wo die Lebensmittel, die über das Wochenende schlecht werden würden, dann sofort verarbeitet werden", erzählt Udo Grün. Und von einem besonderen "Ritual" berichtet er: "Bevor wir unsere Waren freitags zum Marienheim bringen, trinken wir nach dem letzten Supermarkt im Team zusammen noch einen Kaffee, die Zeit dafür nehmen wir uns immer". Insgesamt 145 "Bedarfsgemeinschaften", vom Singlehaushalt bis zur Großfamilie, werden mit den Lebensmitteln bei den Rheingauer-Caritas-Tischen in Rüdesheim, Lorch, Geisenheim und Oestrich-Winkel bedient. Bei den Ausgaben selbst hält sich Udo Grün lieber im Hintergrund und will die vielen Kunden der Tische, die ihn auch persönlich kennen, nicht in peinliche Situationen bringen.
Neben diesen beiden sehr zeitintensiven Ehrenämtern engagiert sich der ehemalige Bürgermeister seit 2008 auch im Vorstand des Kinderschutzbundes Rheingau und hilft hier als Beisitzer tatkräftig überall, wo er gebraucht wird. Zum Beispiel gerade am letzten Montag als Moderator der akademischen Feierstunde zum 25jährigen Bestehen des Vereines. Die Tätigkeit als Ehrenbeamter der städtischen Kommission "Tunnel", die er seit 2012 inne hat, hat sich allerdings bald erledigt, da diese Kommission nach der Ankündigung der Bundesregierung, einen Tunnel nicht zu finanzieren, und der daraus resultierenden Vertragsauflösung aufgeben wird. Auch als Aufsichtsratsvorsitzender der Tourist AG, die er selbst als Bürgermeister mit gegründet hatte und der er seit 2010 wieder vorsteht, will der 73jährige bald zurücktreten. "Es wird Zeit, da Platz für jüngere zu machen", sagt Grün. Im Beirat des Vereines der Freunde der Benediktinerinnenabtei und im Beirat der Rheingauer Caritas Tische, die er ebenfalls mitgegründet hatte, will er sich aber weiter einbringen. "Ich will meine Ehrenämter schon mit fortschreitendem Alter zurück fahren und vor allem auch da Platz machen, wo jüngere Leute hingehören, aber ganz aufhören will ich nicht. Dafür habe ich zu viel Freude an diesen selbstgestellten Aufgaben, die mein Leben jeden Tag bereichern", erklärt er.
Ein Bericht von Sabine Fladung vom 27.08.2015.
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