Auf den kulinarischen Spuren von Goethe

27.04.2016

Allendorf im Brentanohaus: Verpflichtung und Ehre

Gastronomie im Brentanohaus ist erstes großes "Etappenziel"/Sonntagsküche die ganze Woche für Rheingauer und Gäste

Winkel. (sf) "Arsen ist meine erste Erinnerung an das Brentanohaus" erklärte der neue Hausherr in dem historischen Winkeler Kleinod, Uli Allendorf, am vergangenen Freitagabend den rund 200 Gästen bei der Eröffnungsfeier der neuen Gastronomie im Brentanohaus und erzählte auch gleich, warum: "Als Schulkind in Winkel war es Pflichtprogramm, im dritten Schuljahr einen Wandertag in das Brentanohaus zu unternehmen. Schon damals führte Baronin Angela von Brentano uns Kinder durch die Räume, in denen auch schon Goethe wohnte. Wir staunten damals über die bunten Farben der 200 Jahre alten Tapeten und Frau von Brentano erzählte uns, das komme von dem Arsen, das diesen Farben beigemischt sei".

Die neuen Tapeten im Gutsausschank des Brentanohauses enthalten natürlich kein Arsen, obwohl auch sie farbenfroh, einladend und gemütlich wirken, wie der gesamte, neugestaltete Gastraum. "Die Möbel hat zum großen Teil mein Schwager Josef Schönleber mit entworfen und gebaut. Er hat zu Weihnachten eine Bandsäge bekommen und nicht nur als Winzer ein Faible für deutsche Eiche", erklärte dazu Uli Allendorf. Die Dekoration mit kleinen Blumensträußen in Wassergläsern und Krügen, ganz wie bei Mutter zu Hause, stammt von Lena Schönleber und das kulinarische Konzept hat Christel Schönleber ausgeheckt: "Es gibt Rheingauer Sonntagsküche und das an fünf Tagen in der Woche". Das heißt: eine solide Küchenleistung ohne Chi-Chi. Christel Schönleber verriet, dass sie das Konzept schon seit Monaten fertig im Kopf gehabt habe, die Speisekarte tatsächlich aber erst letzte Woche fertig geworden sei. Die kann sich sehen lassen und wird auch die Herzen der Rheingauer höher schlagen lassen: sie reicht vom Rheingauer Spundekäs, der Markklößchensuppe und dem Zisterzienser-Brot über verschiedene Salate und deftige Sauerteigfladen "Brentanokruste" bis hin zu Rheingauer Winzergulasch in Wein gekocht, Rinderfiletsteak und Wisperforelle, vieles mit Grüne Soße-Variationen als Hommage an Frau Goethe. Auch Leckermäulchen kommen nicht zu kurz, es gibt Schokoparfait, Erdbeertrifles, Blechkuchen und natürlich Frankfurter Kranz. Neben den Klassikern gibt es wechselnde Gerichte à la Saison sowie auch eine Tages-Empfehlung. Und das alles zu sehr erschwinglichen Preisen, denn wie bei Familie Allendorf üblich, sollen auch im Brentanohaus die Gäste von nah und fern auch auf die Rheingauer treffen. Die Küche steht zwar unter der Regie von Christel Schönleber, weil aber auch im Georgshof "alles so bleiben soll, wie es ist, denn er ist unsere Heimat", hat man sich mit Christopher Hofmann einen gastronomischen Leiter an Bord geholt, der als Rheingauer Bub' aus Stephanshausen viele Betriebe in seiner Heimat kennt und viel Erfahrung und viel Lust auf seine neue Aufgabe mitbringt. Insgesamt vier Vollzeitkräfte sind in der funkelnagelneuen Küche im Einsatz. Alle, die hier einen neuen Arbeitsplatz gefunden haben, wohnen, wie Christel Schönleber verriet, nur einen Kilometer im Umkreis.

Ganz wichtig natürlich: der Wein. Hier gibt es die gesamte, beliebte und legendäre Allendorf-Palette im Angebot und natürlich einen ganz besonderen Wein. Der neue Goethewein, der aus den Rebenzeilen rund um das Brentanohaus geerntet wird und an den die Deutsche Weinprinzessin Katharina Fladung "höchstpersönlich Fuß angelegt" und ihn nach alter Tradition noch im Weinberg mit bloßen Füßen eingemaischt hat, sei "die schönste Form des Andenkens, die man sich einverleiben kann", wie Prof. Bunzel von der Trägergesellschaft "Brentanohaus" festhielt. Ausgeschenkt wurde der erste 2015er Goethewein aus dem Hause Allendorf dann auch stilecht im Laubengang von der jüngsten Winzergeneration in Person von Max Schönleber.
Prof. Bunzel sieht in der Eröffnung der Gastronomie im Brentanohaus ein wichtiges Etappenziel bei der Wiederbelebung des Kleimodes der Romantik. Es werde noch zwei bis drei Jahre dauern, bis das gesamte Areal im neuen Glanz ersteht, erklärte er und bat um Geduld. "Ich bin zu 100 Prozent sicher, dass wir mit der Familie Allendorf die richtige Wahl für die Gastronomie im Brentanohaus getroffen haben, nicht zuletzt, weil hier ein Pächter für die Weinberge und den Gutsausschank gefunden wurde, denn das gehört einfach zusammen", so auch Bürgermeister Michael Heil. Er erinnerte daran, dass 2011 das Land Hessen den Gebäude-Komplex mit dem Weinberg gekauft hat und es von einer Trägergesellschaft bestehend aus der Stadt Oestrich-Winkel und dem Frankfurter Goethe-Haus verwaltet wird. Die Gesamtfläche umfasst rund einen Hektar inklusive Garten und Weinberg.

Viele Gäste hat das Brentanohaus in seiner langen Geschichte seit 1751 gesehen - unter ihnen auch Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe. Es gefiel ihm gut zwischen Rhein und Reben, deshalb kam er immer wieder. Auch die Allendorfs und die Schönlebers sind gastfreundliche Leut'. Wenn die beiden weinbegeisterten und gastro-erprobten Rheingauer Familien am 23. April ihr Weinlokal im Brentanohaus eröffnen, dann wissen nicht nur "Eingeborene": Das wird ein neuer Hotspot im Ortskern von Winkel. Als große Ehre und Verpflichtung betrachten die neuen Betreiber die vor ihnen stehende Aufgabe. Mit der gebotenen Sensibilität haben sie den geschichtsträchtigen Ort zu einem Refugium gemacht, wo sich die Gäste aus nah und fern spontan wohlfühlen sollen. Im Gastraum mit 56 Plätzen dominieren natürliche Materialien wie Eichenholz, Sisal und Filz. Man sitzt auf verschiedenen Ebenen auf bequemen Bänken und Stühlen. Einzelstücke des Mobiliars kommen aus dem Familienbesitz und sorgen für einen gekonnten Mix aus Alt und Neu. Es regiert die moderne Klassik. Die Wände sind getüncht oder mit Tapeten in warmen Farben bespannt. Alles wirkt einladend und gemütlich, ohne überladen zu sein. Außerdem lädt der Wein-Garten auch zum Draußen sitzen ein: ob unter alten Platanen oder unter modernen Schirmen mit Windschutz, hier ist viel Platz, um es sich so richtig gutgehen zu lassen. Insgesamt 100 Sitzmöglichkeiten gibt es und wer will, kann auch einen Spaziergang durch den angrenzenden Weinlaubengang machen, wo auch schon Goethe zusammen mit den Brentanos gezecht haben soll. An den Weinberg schließt sich ein kleiner, verwilderter Park an. Hier ist noch gut der Durchgang zu erkennen, den der Dichterfürst gewählt haben muss, wenn es ihn zum Rheinesstrand zog. Heute ist das Türchen zugemauert. Alles andere wäre zu gefährlich. Apropos Gefahr: Die Kinder können im Garten spielen und sind hier sicher aufgehoben und gern gesehen. Ein Sandkasten wird noch gebaut - auf der alten Boulebahn. Und das Badehaus von 1811 soll in naher Zukunft in einen kleinen Veranstaltungsraum zum Beispiel für Lesungen umgestaltet werden. Der alte Terrazzo-Boden, der das Wappen der Brentanos zeigt, soll dabei erhalten bleiben. Auch die umliegenden Gebäude wie zum Beispiel das Kutschenhaus und das Hühnerhaus sollen nach und nach in neuem Glanz erstrahlen.

Geöffnet ist das Brentanohaus an 5 Tagen in der Woche. Warme Küche gibt es bis 22.00 Uhr. Dienstag und Mittwoch ist Ruhetag. Während der Rheingauer Schlemmerwochen gibt es keinen Ruhetag. Parkplätze stehen im Umfeld in ausreichender Anzahl zur Verfügung. Auch wohlerzogene Vierbeiner dürfen rein - aber bitte an der Leine.

Ein Bericht von Sabine Fladung vom 27.04.2016.

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