Kitzrettung
18.05.2016
Per Drohne nach kleinen Kitzen suchen
Kitzrettung bildete an Pfingsten fünf neue Coopter-Piloten aus/50 neue Helfer zur Rettung kleiner Rehe in Wiesen, die gemäht werden sollen
Rheingau. (sf) "So jetzt haben wir einen neuen Akku drinnen und jetzt können wir noch mal starten, wer will?", fragte Jonas Seul in die Runde. Der junge Mann aus Singhofen hat eine Firma für Luftbildaufnahmen und hat die beiden Drohnen mit Wärmebildkameras für die Kitzrettung Rheingau-Taunus e.V. technisch ausgerüstet und zusammengestellt. Jetzt bildet er die fünf neuen Piloten aus, die sich nach einem großen Informationsabend gemeldet haben. Sie wollen künftig mit den Cooptern in Wiesen und auf Felder kleine Kitze ausspüren, um sie vor einem schrecklichen Tod und Verstümmelungen durch Mähdrescher zu bewahren.
"Die kleinen Rehkitze sind so niedlich und verstecken und ducken sich im Gras genau dort, wo ihre Mutter sie hingebracht hat und würden von dort nie weglaufen, egal, was geschieht. Und so sterben jedes Jahr tausende Rehkitze deutschlandweit einen grausamen Tod während der Mähsaison. Im Mai und Juni bringen die Rehe ihre Jungen zur Welt. Um die Jungtiere vor Feinden zu schützen, legen sie die Kitze meist in den Wiesen ab. Während die Mutter bei Gefahr flieht, verharren die Kitze in den ersten Lebenswochen am Platz und ducken sich tief ins Gras. Dieses Verhalten wird ihnen bei der Mahd der Wiesen zum Verhängnis. Ihrem Instinkt folgend ducken sich die kleinen Rehe dort tief ins Gras, wo die Mutter sie meist nachts hingebracht hat und laufen nicht weg, auch wenn die Mähmaschinen anrücken", erläuterte Ralf Bachmann bei der Coopter-Ausbildung auf der riesigen Wiese am Kiedricher Hahnwald. Von grausamen Verstümmelungen und einem besonders schlimmen Tod für die kleinen Rehkitze spricht die Kitzrettung Rheingau-Taunus. 2013 hat sich der Verein gegründet und im vergangenen Jahr zum zweiten Mal eine Aktion zur Rettung der Kitze im Taunus unternommen.
Bisher hätten rund 20 Landwirte hatten die Aktion unterstützt und die Kitzrettung stets kurz vor dem geplanten Mähen unterrichtet. Mit 60 ehrenamtlichen Helfern sei man dann zu den betroffenen Feldern gefahren und habe mit verschiedenen Methoden immerhin allein im letzten Jahr ein Dutzend Kitze im hohen Gras aufgespürt und gerettet. "Die sind schon sehr süß und man muss an sich halten, sie nicht zu streicheln", so auch die Vorsitzende des Vereines, der zur Zeit etwa 30 Mitglieder hat. Hannelore Wiedemann sagt ganz bestimmt, dass es hier nicht um einen Streichelzoo geht, sondern der Verein sich den Tieren verpflichtet fühle und sich darum kümmert, die Kitze vor einem grausamen Tod zu bewahren. "Wird ein Kitz gefunden, hebt man es mit Handschuhen und etwas ausgerissenem Gras in eine Kiste. Nach dem Mähen wird es dann zu der Fundstelle zurück gebracht."
In diesem Jahr will die Kitzrettung Rheingau-Taunus ihr Gebiet weiter ausweiten und auch im Rheingau durchstarten. Dafür konnte man mehr Helfer gewinnen als erwartet: nach einem Informationsabend in Oestrich-Winkel haben sich 50 ehrenamtliche Helfer für die Kitzrettung angemeldet. Eine verbindliche Verpflichtung müssen die Helfer nicht eingehen. Sobald ein Mähtermin bekannt Ist, wird im Helferkreis abgefragt, wer unterstützen kann. Dazu gibt es WhatsApp-Gruppen und sms-Gruppen, in die alle Helfer aufgenommen werden. Im Team werden dann alle wichtigen Kenntnisse vor Ort vermittelt. Die Helfer werden mit verschiedenen Methoden die Kitze retten: Da gibt es zu einem die Methode, das Muttertier dazu zu bewegen, das Kitz aus der Wiese zu führen. Dazu stellt der Verein am Abend vor dem Mähtermin Wildtierscheuchen auf, die am nächsten Morgen wieder entfernt werden. Als zweite Methode stehen tragbare Geräte mit Infrarotsensoren zur Verfügung. Und für die direkte Suche unmittelbar vor der Mahd hat der Verein zwei mit Wärmebildkameras ausgerüstete Drohnen, mit denen die Wiesen abgeflogen werden. Die neuen Piloten, die mit diesem Drohnen mit Wärmebildkamera arbeiten werden, trafen sich am Pfingstmontag zu einer Ausbildung mit Jonas Seul. Die beiden Damen und drei Herren aus dem Rheingau sind auch aus versicherungstechnischen Gründen in den Verein eingetreten, da die Geräte mit rund 4000 Euro sehr teuer in der Anschaffung seien. Immer im zweier-Team suchten die Piloten nach kleinen Rehen im Gras
Während der eine mit der Drohne die Wiese abflog, suchte der andere mit einem Sensorgerät, das das Bild der Wärmekamera übertrug, direkt die Wiese ab. "Wir wollen das Mähgut ja nicht unnötig zertrampeln, sonst arbeiten die Bauern auch nicht mit uns zusammen. Deshalb geht der Boden-Sucher immer nur dorthin, wo die Kamera einen roten Punkt für Wärme anzeigt, erklärte Ralf Bachmann. Schon nach nur einer Stunde hatten alle fünf Piloten den Bogen raus und auch sichtlichen Spaß an der Aktion. Abwechselnd flogen und suchten die Helfer immer wieder die Wiese ab und wurden dabei auch im Umgang mit den Geräten sehr sicher. Ein Rehkitz fanden sie allerdings nicht, was wegen der kalten Witterung bisher aber nicht verwunderlich sei. Bevor die Wiese, die der Domäne Neuhof gehört und für die Übungszwecke großzügig bereit gestellt wurde, im Juni tatsächlich gemäht wird, wird auf jeden Fall noch mal nach Kitzen gesucht. Man hofft, dass man in diesem Jahr auch wieder viele Landwirte und auch Winzer findet, die vor dem Mähen ihre Wiesen, Felder und Weinberge vor dem Mähen kostenlos absuchen lassen wollen. Kontakt können sie zeitnah über Telefon 0178/1600720 oder über kontaktkitzrettung-rheingau-taunus.de aufnehmen.
Ein Bericht von Sabine Fladung vom 18.05.2016.
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