Ein Mönch bewacht das Steinhäuschen

12.11.2023

50 Jahre altes Wetterhäuschen mit preisgekörntem Graffiti-Panorama von Johannisberg verschönert

Johannisberg. (sf) Zum 50. Geburtstag hat das massive Steinhäuschen in den Johannisberger Weinbergen unterhalb von Schloss Hansenberg einen eigenen „Wächter“ erhalten: ein lustiger kleiner Mönch mit rundem Vollmondgesicht und einem Weinrömer in der Hand lacht den Wanderern, die vom Tal herauf kommen, freudig entgegen. Der „Bruder im Glauben“ ist der heimliche Star des neuen Panorama-Graffiti, das hier entstanden ist. Ein preisgekrönter Gestaltungsvorschlag der Hansenbergschülerin Benita Bender, der jetzt von jungen Leuten mit Farbe aus der Spraydose verwirklicht wurde.
Der Johannisberger Ortsbeirat hatte das Graffiti-Projekt initiiert, um dem immer wieder ärgerlichen Vandalismus am Steinhäuschen entgegenzuwirken.

Denn das steinerne Wetterhäuschen mit dem Premium-Rundblick für Wanderer und Spaziergänger, das Mitte der 70er Jahre durch die Flurbereinigung entstanden sei, habe sich in den letzten Jahren zu einer regelrechten „Partymeile“ entwickelt. „Es kommen manchmal 150 bis 200 Leute aus einem Einzugsgebiet bis Wiesbaden und Frankfurt zusammen, die hier abends und nachts feiern. Das bleibt natürlich nicht frei von Problemen!“, erklärte Ortsvorsteher Lothar Kirsch von der ZfB. Der ärgerliche Höhepunkt war für ihn erreicht, als 2021 ein Mülleimer und eine Kunststoff-Bank angezündet wurden. Danach wurde Kirsch tätig und forderte die Jugendlichen auf, bei der Müll- und Brandschaden-Beseitigung zu helfen. Was sie auch taten und nicht nur das, aus den Reihen der Johannisberger Jugendlichen kam auch der Vorschlag mit dem Graffiti-Wettbewerb, den der Ortsbeirat aufgriff und initiierte. Zuvor jedoch wurde das Steinhäuschen noch mit einem Dampfstrahler komplett sauber gemacht, Ortsvorsteher Kirsch stiftet eine neue Metallbank und mehrere Mülleimer wurden angebracht. „Mittlerweile haben sich Randale, Schmutz und Lärm wieder beruhigt“, konnte Lothar Kirsch berichten. Dass das so bleibt, dafür soll auch das neue Panorama-Graffiti sorgen, denn gesprayte Bilder werden von Vandalen oft als „Kunstwerk“ aus den eigenen Reihen angesehen und meist nicht übersprüht. Vor allem, wenn es wie in Johannisberg von Jugendlichen selbst stammt. Deshalb hatte der Ortsbeirat die Idee von Pascal Hartenfels aufgegriffen und zusammen mit der Stadtjugendpflege einen Wettbewerb zum Motiv des Graffiti-Bildes veranstaltet. Pascal Hartenfels und sein Freund Nico Rämsch hatten sogar zwei Vorschläge abgegeben, ebenso wie die 17jährige Hansenbergschülerin Benita Bender. Eine Jury aus dem Ortsbeirat, Kathrin Sonza-Reorda von der Stadtjugendpflege und der Rheingauer Graffiti-Künstler Arek Grajek als künstlerischer Leiter des Projekts hatten Benitas Vorschlag mit Schloss Johannisberg und Burg Schwarzenstein im Mittelpunkt, den Weinbergen davor, Fässern, dem lustigen Mönch und einem kleinen Feldhasen ausgesucht. Ein Preisgeld von 50 Euro bekam Benita am Dienstag beim Besuch von Bürgermeister Christian Aßmann am Steinhäuschen dafür und auch Pascal und Nico durften sich über einen Preis, Gutscheine für das Lindentheater, freuen.

Alle drei waren den ganzen Tag hier vor Ort und brachten sich bei Umsetzung des Siegermotives ein. Und auch der Ortsvorsteher half gerne mit und hatte schützende Planen gegen den Regen und einen Generator fürs Licht mitgebracht. Denn nicht nur von außen bekam das Wetterhäuschen ein neues „Gesicht“: auch im Innern wurde fleißig gearbeitet und das Ortswappen mit Schriftzug „Johannisberg“ gesprayt. Die Farbdosen hatte die Stadt Geisenheim finanziert. „Wir haben vorab die Wände gereinigt, denn die wurden immer wieder innen wie außen wild besprüht. Vor allem, wenn es politisch wird, gehe ich sofort hin und übermale das“, schilderte Kirsch. Auch die Decke hatte er, von seiner Tochter unterstützt, mehrfach hell gestrichen.
Und dann konnte es losgehen mit dem Graffiti-Kunstwerk: in nur einem Tag entstand das schöne Panorama-Bild, für den Schriftzug „Johannisberg“ und das verblüffend perfekte „Nachmalen“ der Mauersteine rund um das Motiv, wo wild gesprayt worden war, legten die Jugendlichen und Graffiti-Künstler Grajek eine Abendschicht ein.
Vom Ergebnis waren alle Beteiligten begeistert und nicht nur die: auch die ersten Spaziergänger blieben immer wieder stehen und staunten, Benitas Vater und ihre Kunstlehrerin Ruth Sedo, die sie bei dem Entwurf unterstützt hatte, waren voll des Lobes für das gelungene Projekt. Bürgermeister Aßmann hielt fest: „Das ist wirklich ein Hingucker!“.
Über das Lob freute sich auch Benita besonders und erzählte, dass das Wetterhäuschen für die Hansenberg-Schüler ein wichtiger Ort sei: „Wir verbringen viel Zeit hier. Manchmal bringen wir auch eine Lautsprecher-Box mit und tanzen mitten in den Weinbergen“, erzählte Benita Bender, die aus Rückershausen stammt, im Internat wohnt und auch als Schulsprecherin auf dem Hansenberg amtiert. Sie habe zum ersten Mal mit Spraydosen künstlerisch gearbeitet und viel Spaß dabei gehabt.

Ein Bericht von Sabine Fladung vom 12.11.2023.

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