19 Männerballetts sorgten für Erdbeben in Mittelheim

16.03.2025

Festival mit schwergewichtigen Tanzgruppen begeisterte beim CVW-Jubiläum über 1000 Narren im Festzelt

Winkel. (sf) Ein Erdbeben der Kategorie 11 dürften die Aufzeichnungsgeräte der seismischen Stationen für die Überwachung der Erdbebenaktivität in Deutschland am Freitag des Fastnachtswochenende im Rheingau registriert haben: 19 Männerballetts sorgten im Jubiläums-Festzelt des CVW dafür. Zumindest der Zeltboden vibrierte pünktlich von 18.11 Uhr bis die Morgenstunden und auch die Bühne kam unter den graziösen Bewegungen einiger schwergewichtiger Ballerinas tüchtig ins Wanken und machte beim Finale mit allen Tanzgruppe sogar die „Grätsche“: ein Teil der Bühne brach ein, aber niemand wurde verletzt. Dazu herrschte ein Lautstärkepegel wie bei einem vorbeifahrenden D-Zug, denn die über 1000 meist weiblichen Narren feierten mit ihren Männerballetts atemlos durch die Nacht und outeten sich als schreiende Groupies der mehr als 200 tanzenden Männer. Und die sorgten wieder mal für Furore, denn Männerballetts sind für die Frauen unbestritten die Krönung der Rheingauer Fastnacht. Das wurde bei der 18. Auflage des Männerballett-Festivals beim CVW Narrhalla Winkel wieder einmal ganz deutlich. 2004 war die Idee zu diesem ganz besonderen Höhepunkt der heimischen Fassenacht in Rauenthal geboren worden. Gleichzeitig wurde klar, dass das herrlich närrische Festival durch den Rheingau wandern sollte und möglichst in jedem Jahr in einem anderen Ort von einem Verein ausgerichtet wird, der sich um das Festival bewirbt. In diesem Jahr hatte der CVW anlässlich des 100. Jubiläumsjahres das große Los gezogen und das Festival im großen Festzelt auf dem Parkplatz an der Basilika vorbereitet und organisiert. „Es war schon mit viel Arbeit verbunden, aber die hat sich gelohnt, wie man ja heute Abend sieht“, so die zahlreichen Helfer aus den Reihen des Carnevalvereines. Mit dabei auch Helfer aus dem hauseigenen Männerballett „Die Schobbedäncer“, die das Festival am Freitag mit einer glanzvollen Nummer krönten: Als Prinzengarde verkleidet, mit Markus Stoll als „zarte Prinzessin“ in der Mitte, feierten die Mitglieder des CVW-Männerballetts auf der Bühne vor jubelndem Publikum einen wundervollen Garde-Tanz mit anschließender Junggesellenparty. Und auch das echte Winkeler Jubiläums-Prinzenpaar, Ihre Lieblichkeit Anna Muno und seine Tollität Prinz Adrian Schäfer gaben sich ein Stelldichein und grüßten das närrische Auditorium.

Und Grund zum Feiern gab es an diesem Abend wirklich reichlich, die über 1000 Gäste, darunter allein 200 aktive Tänzer, waren mit Superlaune zu dem Glanzpunkt der Rheingauer Fastnacht in das bis auf den letzten Platz besetzte Festzelt gekommen und erlebten einen Abend, der sich gewaschen hatte und an Stimmung sicherlich von keiner Prunksitzung im ganzen Rheingau zu überbieten war. Die Zuschauer, rund 80 Prozent Frauen, drängelten sich vor der Bühne und feierten als begeisterte Fans der einzelnen Gruppen mit Spruchbändern und Plakaten die närrischen Tänzer auf der Bühne und tanzten selbst zu den fetzigen Musikstücken der Balletts durch den Saal. Für zusätzliche Stimmung sorgte der Martinsthaler DJ „Jobbo“ Joachim Jakob, der sich an diesem Abend auch für die Technik verantwortlich zeigte. Zwischen den beiden Tanzblöcken verstand er es prächtig, die Gäste im Zelt auch zum Tanzen, Schunkeln und Mitsingen zu bewegen.
Immer wieder wurden die wirklich beeindruckenden sportlichen Leistungen der „graziösen“ Tänzer mit Zugabe-Rufen belohnt, denen die beiden flotten Moderatoren des Abends, der CVW-Vorsitzende Franz-Georg Eger und Sitzungspräsident Patrick Halbritter, auch stattgaben. Die beiden CVWler führten mit Humor und guter Laune durch das Programm.
Erwartungsvoll begrüßten die aufgeregten Gäste dann auch nach dem umjubelten Gastgeber-Tanz der Großen Garde des CVW, den „Weinschörlchen“, gleich das erste Männerballett des Abends, die „Mabucas“ aus Heimbach, die einen tanzenden Zirkus präsentierten und sich sehr zur Freude der Damen im Publikum ein Stück weit auszogen. Die Tänzer brachten mit ihrer rasanten, rund 15minütigen Zirkusshow, drei Kostümwechseln und unglaublichen akrobatischen Hebefiguren den Saal zum Kochen. Natürlich wurden die Artisten vom Publikum für diese gelungene Darbietung frenetisch gefeiert und mussten eine Zugabe drauflegen. Überhaupt verließ keine Truppe an diesem Abend den Schauplatz ohne eine Zugabe, die begeisterten Zuschauer wollten die graziösen Tänzer am liebsten gar nicht mehr von der Bühne lassen. Einen Kostümwechsel, tolle Hebefiguren und erstklassige Choreografie gab es auch bei den „Spice BoyZz“ des Niederwallufer Carnevalvereins, die als schicke Stewardessen in roten Uniformen alle zum Jubeln brachten. Noch besser wurde es mit den „roten Dosen“ des FC Bärstadt, die beim Männerballettfestival schon für ihre ausdauernden, akrobatischen Darbietungen bekannt sind. In diesem Jahr schossen sie unter dem Motto „Ghostbusters“ den Vogel ab, als sich die zwölf Tänzer im typischen Kostüm mit Leuchtrucksäcken auf Geisterjagd begaben und später im Unterhemd frech über die Bühne wirbelten, was im Saal für Furore sorgte, auch weil sie tänzerisch wirklich was draufhatten.

Dass das Männerballett in der Rheingauer Fastnacht mittlerweile einen hohen Stellenwert hat, bewies die Perfektion, die alle 19 Gruppen an diesem Abend präsentierten. Erstklassige Choreographien, phantasievolle Kostüme, in denen ungeahnte Mühen steckten, und eine beneidenswerte Kondition der Tänzer paarten sich mit dem beim Männerballett so geschätztem Humor in Details wie Luftballon-Busen und sexy Striptease. Völlig unterschiedlich und trotzdem alle überdurchschnittlich gut präsentierten sich Tänzer der 11 Rheingauer und sechs auswärtigen Formationen.
Zu sehen war auch eine weibliche Tanzgruppe: die CVW Tanzschläppcher mischten das Publikum nach der Pause des Programms mit einem wundervollen Showtanz auf und setzten in Glitzer-Kostümen der Veranstaltung ein musikalisches und tänzerisches „I-Tüpfelchen“ auf. Doch trotz dieser perfekten Tanzdarbietung der Damen standen ganz unbestritten die doch eher krummen Waden und behaarten Dekolletés der Männerballetts im Mittelpunkt des Abends. Wie auch beim berüchtigten MCV Männerballett „Bindestricher“ mit seiner Version des Musicals „Mamma Mia“: In fast schon „originalgetreuen“ Abba-Kostümen setzten die grazilen Tänzer sehr zur Freude des Publikums die mitreißenden Hits der schwedischen Pop Band mit einer besonders „anspruchsvollen“ Darbietung tänzerisch um. Zu „Mamma Mia“, „Gimme me, Gimme me“, „Dancing Queen“ und vielen anderen Abba-Songs schwangen sie Beine, Hüfte, aber auch Bauch und Perückenhaare. Direkt aus dem Nachbarort Oestrich kamen dann die „Schnippeldänsjer“ der Kolpingfamilie mit der getanzten Story eines närrischen Hamburg-Ausflugs: die Tänzer kamen als „Bayrische Jungs“ auf dem Hamburger Hauptbahnhof an und tanzten sofort in die legendäre Reeperbahn, wo sie heiße Mädchen in neckischen Kostümen erwarteten, die Herren bis auf die Unterwäsche mit Herz-Boxershorts auszogen und mit ihnen „Atemlos durch die Nacht“ tanzten. Eine Reise um die ganze Welt unternahm das Royal Männerballett TV Würges mit dem Publikum: im Kostüm der Beduinen ging es zunächst mit dem Flieger nach Dubai und dann mit Waka Waka und Baströckchen nach Afrika, bevor die Hymne der USA erklang und ein dritter Kostümwechsel mit einem Union Jack-Trikot nach Amerika entführte. Dazu gab es beeindruckende Hebefiguren und eine Ausdauer, die bejubelt wurde. Einen wunderbaren Auftritt gab es mit den „Alten Reben“ des JCV: die Johannisberger schienen direkt vom Friedhof aus nach Winkel gekommen zu sein und präsentierten sich als tanzende Skelette in tollen Kostümen, den Vogel schoß hier aber Christoph Gietz ab, der sich als Dr. Frank N. Furter aus der Rocky Horror Picture Show in die Mitte der Untoten schlich und mit Aquarium-High Heels alle aufmischte.

Eher die Lachtränen flossen dann aber wieder, als das berüchtigte Hattenheimer Männerballett „Die Sektkorken“ das Pariser Nachtleben in passenden Kostümen auf die Bühne brachte. Die rassigen Schönheiten und die graziösen „Tänzerinnen“ brachten die Bühne zum Beben. Und die wackelte wirklich, als Alexandre Arnaud als waschechter Flic den Mörder in der Tanztruppe suchte. Den Schlusspunkt im ersten Programmteil brachten die Wallufer Ninifeen, die mit Bibi Blocksberg auf dem Besen Kartoffelbrei in den närrischen Himmel flogen.

Weiter ging es nach der Pause mit einem besonderen Höhepunkt des Abends, für den die „Schneggscher“ des Eltviller Carnevalvereines auch schon bekannt sind: ein ganzes „Highschool-Musical“ mit neckisch schönen Cheerleader Mädchen, die immer wieder mal hoch in die Luft geworfen wurden, und athletischen Basketballern nahmen sie die ganze Bühne ein, tanzten kleine „Liebesszenen“ und „Korbwürfe“. Die elf Faschingsmänner der SG 1956 Wambach brachten die Damen im Saal dann mit einem närrischen Badespaß zum Schmelzen und hatten nicht nur eine Badewanne, sondern auch viele niedliche Entchen dabei, mit denen das ganze Festzelt den Ententanz tanzte. Einfach großartig präsentierten sich auch wieder mal die Berschböbbscher der Rauenthaler Reschhinkel. Diesmal als sexy „Bond-Girls“ in goldenen Glitzerkleidchen und mit Wasserspistolen bewaffnet, becircten sie den rassigen James Bond und alle Gäste im Festzelt. Neonbunt und mit 80er-Jahre Hits ging es auf Zeitreise mit den Auringer Springböck, die zur närrischen Aerobicstunde einluden. Direkt nach Gotham City führten die „Meisjes“ des KCV mit ihrer getanzten Show des Schicksals des berühmten Clowns und Massenmörders „Joker“. Mit ausgefeilter Choreografie und beeindruckenden Hebefiguren ließen sie die Comic-Legende lebendig werden. In dunkle Mäntel gehüllt kamen die „Beck’s Street Boys“ auf die Bühne und ließen schnell die Hüllen fallen, um im Netz-Hemd und goldenen Hotpants mit süßer Kringellocken-Perücke sich die Herzen aller Damen zu erobern. Überaus sportlich zeigten sich dann bei ihrer Premiere beim Rheingauer Männerballett Festival die „Schippedeels vom Ort“ aus Taunusstein - Seitzenhahn: Als Radrennfahrer brachten sie nicht nur ein Trimm-Rad mit auf die Bühne und präsentierten sich in hautengen Trikots, auch bei den Hebefiguren war das Radfahren Thema, und als die Trikots zum Schluss ausgezogen wurden, gab es kein Halten mehr. Pünktlich um Mitternacht war das Programm dann beendet, die Moderatoren Patrick Halbritter und Franz-Georg Eger hatten angesichts der wunderbaren Darbietungen ein leichtes Spiel gehabt, die Stimmung im Saal war einfach großartig. Ganz klar, dass es auch nach dem Programm noch hoch her ging im Jubiläumsfestzelt des CVW.

Ein Bericht von Sabine FLadung vom 16.03.2025.

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