Politik macht Schule

20.01.2016

Zwei Bundestagsabgeordnete in der Schule

Abiturienten organisierten Podiumsdiskussion zum Thema Politikverdrossenheit

Rheingauschule. (sf) "Wie motiviert man junge Menschen, sich politisch zu engagieren?", "Welche Bedeutung hat Ehrlichkeit im Wahlkampf?", "Was tut Ihre Partei gegen geringe Wahlbeteiligung?" und "Schädigen innerparteiliche Konflikte das Image der Parteien?"

viele Fragen hatten die jungen Abiturienten vergangenen Montagmorgen in einer eineinhalbstündigen Diskussion mit zwei Bundestagsabgeordneten. Ein Politik- und Wirtschaftskurs des Abiturjahrgangs der Rheingauschule hatte zum Thema "Parteien- und Politikverdrossenheit" Nägel mit Köpfen gemacht und gleich zwei Bundespolitiker für eine Diskussion mit den jungen Erwachsenen, die in den kommenden Wochen ihre Reifeprüfung ablegen und dann in die Berufswelt einsteigen, eingeladen. Die beiden heimischen Bundestagsabgeordneten, der Christdemokrat Klaus-Peter Willsch und sein Kollege Martin Rabanus von der SPD, hatten die Einladung der Geisenheimer Schüler beide umgehend und mit Freude angenommen. Es war zu spüren, dass es den beiden Bundestagsabgeordneten ein Anliegen war, das wichtige Thema der Politikverdrossenheit mit jungen Menschen direkt an der Basis ernsthaft zu diskutieren und sie den Besuch in der Rheingauschule auch als Chance für klärende Gespräche sahen.

Die rund 100 Schüler hatten fleißig an der Podiumsdiskussion teilgenommen und waren interessiert mit dabei. Zu der Frage, wie Jugendliche zur Politik motiviert werden können, hatte der politisch tätige Schüler Robert Fladung in einem kurzen Vortrag informiert, wie er sich aktiv in der Politik engagiert und wie es dazu kam. "Ich hatte schon immer gerne die Nachrichten gesehen und Tageszeitungen gelesen und mit meiner Familie intensiv über Tagespolitik diskutiert. Als mein Vater dann als SPD-Kandidat für die Bürgermeisterwahl in Oestrich-Winkel antrat, verstärkte sich das politische Interesse und ich trat bei den Jusos ein, der Jugendorganisation der SPD." Der 18jährige erzählte, dass er den Bürgermeisterwahlkampf seines Vaters aktiv unterstützte und an Infoständen vor Ort war, Hausbesuche unternahm und Flyer verteilte. Als es zum Bürgerentscheid in Oestrich-Winkel kam, hat er seine Partei bei dem Thema "Windräder im Rheingau" unterstützt und am Wahlkampf teilgenommen. Dank der Einladung des Bundestagsabgeordneten Martin Rabanus nahm Robert Fladung schließlich sogar an einem Planspiel teil, bei dem er vier Tage lang im Berliner Bundestag als fiktiver Abgeordneter agierte. Ein Jahr später fuhr er mit den Jusos des Rheingau-Taunus Kreises auf eine Klausurtagung nach Paris. Kurz danach sei er auch in die SPD eingetreten und kandidiere nun bei den Kommunalwahlen am 6. März für die Stadtverordnetenversammlung in Oestrich-Winkel. Warum er gerade der SPD beigetreten sei begründete Robert, der Politik und Wirtschaft auch als Leistungskurs gewählt hat, damit, dass dies die Partei sei, welche seine eigene Meinung, besonders im kommunalen Bereich, am meisten vertrete. Was die Mitgliedschaft in einer Partei koste, wollte ein Mitschüler wissen: "Die Beiträge für Schüler machen monatlich 1 Euro bei den Jusos, und 2,50 in der SPD aus". Warum er sich politisch engagiert, erklärte der angehende Abiturient damit, dass er sich über vieles geärgert habe und es ihm wichtig sei, seine eigene Meinung zu sagen. Er wolle sein Umfeld aktiv mitgestalten und das könne man am besten, indem man sich engagiere.

Auch Martin Rabanus und Klaus-Peter Willsch mussten sich vielen Fragen der Jugendlichen stellen, die auch ansprachen, ob der Zuwachs von Gruppierungen wie Pegida und AFD ein Indiz dafür sei, dass das Vertrauen in die Politik althergebrachter Parteien verloren gehe. Sie wollten wissen, wie das ist, wenn Angela Merkel mit im Fraktionssaal sitzt und ob der einzelne Abgeordnete dann seine eigene Meinung unter den Tisch fallen lässt. Wie es mit der Ehrlichkeit in der Politik und dem Halten der Wahlversprechen ist, damit konfrontierten die Jugendlichen die beiden Bundespolitiker und fragten, warum Parteien häufig so stark vom ursprünglichen Kurs abweichen würden, worauf die Abgeordneten erläuterten, dass man sich in einer Koalition auf Kompromisse einigen müsse. Ob die Politiker denken, sie würden auf die Ängste und Wünsche der Bevölkerung tatsächlich eingehen, wollten die Rheingauschüler wissen. Ihnen selbst fehle es an Transparenz der politischen Verhandlungen zum Thema TTIP, monierten die Schüler und sprachen damit auch aktuelle Themen an. Sie fragten Willsch, wie es sei, wenn man eine andere Meinung habe als die Partei und was die beiden Politiker ganz persönlich gegen die geringe Wahlbeteiligung tun. Dabei wurde auf beiden Seiten klar, wie wichtig es ist, im Gespräch zu bleiben: mit ganz normalen Bürgern, mit Jugendlichen und mit den Menschen vor Ort. Zum Abschluss wurde das aktuelle Thema der Flüchtlingskrise erörtert. Die Diskussion an der Rheingauschule hat bestimmt auch dazu beigetragen, dass sich die Schüler jetzt vielleicht etwas mehr mit der Politik auf Bundesebene, aber auch direkt vor Ort, in ihrer Stadt und Gemeinde, auseinandersetzen. "Das war unser Ziel, wir wollten ins Bewusstsein bringen, das Politik uns alle betrifft", freuten sich die jungen Organisatorinnen, Sophie Wahl und Violeta Zobel, welche die Veranstaltung auch moderierten, über das rege Interesse ihrer Mitschüler und der beiden Gäste.

Ein Bericht von Sabine Fladung vom 20.01.2016.

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